Der brüllende Löwe feiert Geburtstag
Fast ein ganzes Jahrhundert begrüßt uns nun schon im Kino und auf dem Bildschirm daheim der brüllende Löwe in goldenem Rahmen und entflammt unsere Vorfreude auf den kommenden Film. Anlässlich des Jubiläums veröffentlicht MGM hauseigene Produktionen in überarbeiteten Neufassungen.
Neben frisch aufgelegten Klassikern wie „Robocop“, „Fargo“, „Rain Man“ und „Rocky“ freuen sich vor allem Westernliebhaber auf ein besonderes Schmankerl. Sergio Leones krönender Abschluss der berühmten Dollar-Trilogie „The Good, the Bad and the Ugly“ (hierzulande „Zwei glorreiche Halunken“) wird nun dank 4K-Transfer in neu restaurierter Bildqualität auf Blu-ray veröffentlicht.
Darüber hinaus hat man endlich auch mal auf uns deutsche Fans gehört, doch dazu später mehr. Vorher wollen wir uns diesem einzigartigen Epos widmen, dass sich schon alleine deswegen einen ewigen Platz in unserer Topliste verdient hat, weil wir hier endlich erfahren konnten, wo Clint Eastwood diesen feschen Poncho aus „Für eine Handvoll Dollar“ her bekommen hat.
Der romantische Westen wurde dreckig
Mitte der 1960er war der wilde Westen der USA schon längst gezähmt und erobert und das neue Grenzland wurde in den Weltraum verlagert. Astronauten waren nun die Speerspitze der Entdecker. Zu dieser Zeit hatte der amerikanische Wildwestfilm seinen Zenit bereits seit mehreren Jahren überschritten. Da erschienen plötzlich ein paar italienische Regisseure auf der Bildfläche, allen voran Sergio Leone. Abseits aller gängigen Hollywood-Konventionen gelang es ihnen, das mittlerweile gut angestaubte, doch einst beliebteste Genre des US-Kinos auf einen Schlag zu revolutionieren. Keine sauberen Sheriffs mehr, keine geleckten Stiefel. Die neuen Protagonisten sind dreckig, kriminell und gnadenlos, in einer ebenso gnadenlosen und dreckigen Welt.
Nach Leones erfolgreichen Erstlingswestern „Für eine Handvoll Dollar“ und dem Nachfolger „Für ein paar Dollar mehr“ geht es auch in „Zwei glorreiche Halunken“, dem dritten und letzten Akt der Saga, wie immer nur ums Geld. Es lockt ein dicker Haufen Goldmünzen aus der verschollenen Kriegskasse der Südstaaten. Der Gute (Clint Eastwood), der Böse (Lee van Cleef) und der Hässliche (Eli Wallach) – sie alle folgen dem Ruf des Mammons, und jeder von ihnen weiß, wer nur mal kurz zwinkert, kann sich schon eine Kugel von seinem Nebenmann einfangen. Auf ihrer Odyssee zum Reichtum geraten sie mitten in die Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs, der sich von seiner grausamen und hässlichsten Seite zeigt.
Ein neuer Blickwinkel
Dass man je nach Herkunftsland die Dinge zuweilen etwas anders betrachtet, verdeutlicht uns gerade das Westerngenre auf eine interessante Weise. Während die amerikanischen Vertreter vor allem in den 1950ern den kleinen Mann hochhalten, der prinzipienfest für seine moralischen Grundsätze eintritt und sich (ein paar Ausnahmen nicht mitgezählt) mit Gewehr und Revolver gegen sündige Banditen, Säufer und barbarische Indianer stellt, gelten anderen Orts auch andere Ideale. In Deutschland zum Beispiel, in West (mit den Karl-May-Filmen) wie in Ost (mit den DEFA-Indianerfilmen um Gojko Mitić), tritt man für Gemeinschaft, Zusammenhalt und gegen Krieg ein. Die Helden sind hier indianische Freiheitskämpfer. Doch sowohl BRD- als auch DDR-Produktionen strotzen geradezu vor Biederkeit.
Im italienischen Western dagegen kann es keine Helden mehr geben, sondern nur noch den Antihelden. Einzige Gemeinsamkeit mit den deutschen Genrekollegen ist die Antikriegshaltung. Doch auch hier hat Leone deutlich die Nase vorn. Seine unparteiische Sicht auf den amerikanischen Bürgerkrieg in „Zwei glorreiche Halunken“ stellt das sinnlose, gegenseitige Abschlachten schonungslos in den Vordergrund (auch wenn hier die Sklavenfrage restlos ausgeklammert wird). Angesichts solcher Massaker offenbart uns zumindest Clint Eastwood, warum man ihn in seiner Rolle den Guten nennt.