24 Stunden mit Philips, Teil 2
Gegen die Marktgesetze
Kontrovers diskutiert wurde der Trend, die Fernseher in der Bautiefe immer weiter zu reduzieren und damit die Bild- und Tonqualität zu schwächen. Allen Kostendiskussionen bei der TV-Herstellung zum Trotz spricht sich Chefentwickler Danny Tack auch zukünftig für die Local-Dimmung-LED-Technik aus, um in den Top-Modellen weiterhin die bestmögliche Bildqualität zu gewährleisten. Apropos Local-Dimming: Das von vielen vermisste 52-Zoll-Modell der aktuellen 9000er-Serie ist weiterhin im Bereich des Möglichen, die Markteinführung im Frühjahr 2011 ist aber von der Panelverfügbarkeit abhängig und kann derzeit nicht garantiert werden. Zudem sieht man sich aufgrund des Markterfolges der ultraflachen Edge-LED-LCDs dazu genötigt, die Bautiefe bei bestimmten Serien noch deutlicher zu reduzieren. Danny Tack versprach aber, dass man Fehler der Konkurrenz nicht kopieren werde und speziell bei der Integration der LED-Beleuchtung sorgfältig vorgeht. Was genau er damit meint, war im anschließenden Bildvergleich mit TV-Modellen konkurrierender Anbieter sichtbar. Danny Tack zeigte den angereisten Journalisten die Nachteile vergleichbarer LED-Technologien – sollten Kollegen der schreibenden Zunft in Testberichten lediglich marginale Unterschiede zwischen Edge-LED-LCDs und Direct-LED-LCDs propagiert haben, wurden Sie an diesem Tag eines Besseren belehrt. Auf die Nachfrage, ob Philips zukünftig auch Vierfarb-LCD-Panel für eigene Produkte einsetzt, antwortete der Chefentwickler, indem er mittels Videomaterial die verfälschte Darstellung der Vierfarb-LCD-Panel offenlegte und den Einsatz für Philips-Produkte selbstbewusst ausschloss.
Baustelle TV-Zukunft
Auch die Audioabteilung zeigt sich wenig kompromissbereit, wenn es ums Eingemachte geht: In Tontests demonstrierte man die physikalisch bedingten Einschränkungen bei immer flacheren Gehäusen und zeigte sich dennoch optimistisch, dass man der anerkannt guten Tonqualität auch in Zukunft die Treue halten wird. Zudem kündigte man ein komplett neu entwickeltes Lautsprecherlayout an, das erstmals in 2011er-Modellen Verwendung finden wird. Wesentlich undurchsichtiger verlief die Diskussion zum 3D-Trend, denn neben dem aktuellen Verfahren mit aktiven Shutterbrillen sind auch Fernseher mit passiven Polfiltern bereits Realität in den Entwicklungshallen.
Im abschließenden Bildvergleich konnten die angereisten Testredakteure aber keinen eindeutigen Gewinner ausmachen, obwohl die Polfiltertechnik flimmerfrei arbeitet – ein Urteil, das Chefentwickler Danny Tack ebenfalls teilt aber das die Entscheidung für das auflösungsreduzierende Verfahren keinesfalls erleichtert. Dennoch sieht Philips im Polfilterverfahren eine echte Alternative zur Shuttertechnik, spätestens wenn sich ultrahochauflösende Displays (doppelte oder vierfache Full-HD-Auflösung) in Zukunft durchsetzen und den Auflösungsverlust egalisieren.
Philips ultimatives Statement zum Ökotrend ist der mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen gesegnete Econova. Statt einzig einen Aspekt bei der Herstellung zu betrachten, überarbeitete man von der Verpackung über die Fernbedienung bis zum Fernseher alle Komponenten. Das bislang einzige 42-Zoll-Modell der Serie wirkt durch das Aluminiumkleid (komplett recyclebar) unerwartet edel und die Energieaufnahme ist mit 40-60 Watt im Wohnzimmerbetrieb verschwindend gering. Dass der erhoffte Markterfolg noch auf sich warten lässt, ist zum einen der späten Einführung des prägnanten EU-Energielabels geschuldet, zum anderen fehlt dem Econova das nach wie vor beliebte Ambilight. Die höheren Verkaufszahlen der um 200 Euro günstigeren Serie 7000 zeigen zudem, dass trotz Ökoboom die Konsumenten scheinbar nicht bereit sind, für ökologische Produkte bereitwillig einen Aufpreis zu zahlen.
Philips bleibt sich treu
Keine Frage: Was Danny Tack und sein Team in Brügge leisten, verdient uneingeschränkte Anerkennung. Neben Marktdiskussionen und Auswertungen von Kundenwünschen war es bemerkenswert zu sehen, wie schwer es dem Chefentwickler und seinem Team fällt, technische Kompromisse aufgrund von aktuellen Marktentwicklungen einzugehen. Allerdings stellte sich uns des Öfteren die Frage, ob Philips durch die Kostenoptimierungen wirklich alle Bereiche zeitgleich abdecken kann. Mit HbbTV und NetTV sowie der Integration von 3D stehen neue Themenfelder auf dem Plan, die nun kontinuierlich über Softwareupdates in der Qualität aufgewertet werden, was sicherlich nicht immer im Sinne der Early Adopter ist.
Falls Sie sich aber jemals die Frage gestellt haben, ob ein Hersteller Kundenkritik Ernst nimmt, so können wir im Falle von Philips bestätigen: Verbesserungsvorschläge, seien sie in Testberichten, Forendiskussionen oder bei Anrufen direkt beim Hersteller geäußert worden, landen mitsamt den internationalen Reaktionen im TV-Entwicklungszentrum in Brügge. Dass die Auswertung der Wünsche und Kritik jedoch alles andere als ein Kinderspiel ist, demonstrierte Philips anhand der aktuellen Fernbedienung, die von deutschen Testmagazinen aufgrund weniger Direktwahltasten vorwiegend negativ bewertet, im internationalen Umfeld aber lobend hervorgehoben wurde.
Auch beim Thema 3D gab es keine Einigung unter den angereisten Journalisten, sodass wir bei unserer Abreise ganz froh waren, nicht in der Haut von Danny Tack zu stecken, der mit seinem Team bereits jetzt die Weichen für die kommende TV-Generation stellt und Trends vorhersehen muss, deren Verkaufserfolge noch in den Sternen stehen. Manchmal ist es eben doch ein Segen, einfach nur Konsument sein zu dürfen.
(Christian Trozinski)