Hinter den Kulissen eines TV-Herstellers
Der belgische Ort Brügge dient nicht nur als Kulisse für tolle Kinofilme, sondern beherbergt auch das TV-Entwicklungszentrum von Philips. Wir hatten einen Tag die Gelegenheit, hinter die Kulissen des TV-Herstellers zu blicken.
Neben dem Technologiezentrum in Brügge, das rund 300 Entwickler beherbergt, unterhält der Konzern in Singapur ein weiteres TV-Kompetenzzentrum. Obwohl Philips eigene Software-Technologien und angepasste Chipsätze einsetzt, stammen die grundlegenden Hardwarekomponenten, wie z. B. die LCD-Panel, von externen Anbietern. Der Einkauf wichtiger Komponenten lässt den Philips-Entwicklern freie Hand bei der technischen Ausrichtung ihrer Produkte, was sich insbesondere im Einsatz sämtlicher LCD-Beleuchtungstechnologien zeigt (CCFL, Edge-LED, Direct-LED mit und ohne Local Dimming). Nachteilig wirkt sich umgekehrt der aggressive Preisdruck von Panelherstellern aus, die aufgrund höherer Stückzahl und eigener Panelfertigung die Marktgesetze vordiktieren – ein Schicksal, das Philips mit anderen prominenten Marktteilnehmern teilt.
Brügge in Bildern
Vom Marktführer zum Trendsetter
Kaum ein Hersteller zeigt die derzeit widersprüchlichen Gesetze des TV-Marktes prägnanter auf als Philips: Mit knapp 40 LCD-TV-Modellen in allen Preis- und Größenklassen bietet Philips das derzeit umfangreichste Flachbildfernseherangebot, zudem hat man mit Ambilight, dem Ökofernseher Econova und dem Cinema 21:9 Platinum echte Alleinstellungsmerkmale zu bieten und verbaut, ebenfalls als einziger Hersteller, alle LCD-Beleuchtungstechnologien.
Im Bereich HbbTV und Net-TV ist man sogar so erfolgreich, dass die Technik von weiteren Anbietern übernommen wird und Philips auch aufseiten der Contentanbieter ein gefragter Partner ist. Somit spricht auf dem Papier alles dafür, dass Philips die marktbestimmende Rolle spielt, doch die Zahlen für Deutschland sprechen derzeit eine andere Sprache. Nach aktuellen Marktanalysen ist Philips nur noch unangefochten an zweiter Stelle und in den jährlichen Konzernberichten erscheint die TV-Abteilung wie ein ungeliebtes Kind, dem im Gegensatz zur „Health & Care“-Sparte ein Sparkurs verordnet wird, um die Zahlen zukünftig schwarz zu färben. Die erste Konsequenz dieser Marktentwicklungen ließ deshalb nicht lange auf sich warten: Während in der Vergangenheit neben der Durchführung von Verschleißtests auch Prototypen in Brügge gefertigt wurden, verlagerte man Letzteres aus Kostengründen nach Osteuropa.
Der steinige Weg an die Spitze
Beim Besuch der Industriehallen bot sich uns ein befremdliches Bild: Riesige Hallen, die vor wenigen Monaten noch komplett mit Technik gefüllt waren, stehen nun leer und laden bestenfalls zum Fußballspielen ein. Dass die Verlagerung der Prototypenfertigung nicht auf Gegenliebe bei den Verantwortlichen vor Ort stößt, war deutlich zu spüren und auch in späteren Gesprächen wurde schnell klar: Im TV-Entwicklungszentrum steht die Qualitätssicherung an erster Stelle und strukturelle Einschnitte sieht man hier besonders kritisch. Doch in jeder Anpassung steckt auch eine Chance, wie uns Philips vor Ort erklärte. So wurden die unterschiedlichen Entwicklungsabteilungen in den vergangenen Jahren deutlich besser miteinander verzahnt.
Während in der Vergangenheit jedem scheinbar innovativen Konzept nachgegangen und ein Fernseher von 14 Abteilungen mehr oder weniger unabhängig gefüllt wurde, beruhen aktuelle Entwicklungen verstärkt auf Marktforschungen und Kundenanalysen, die auch den späteren Markterfolg sicherstellen sollen. Mit der Unterteilung in derzeit acht Ertragsfelder wie Bild- und Tonqualität, Design, Ökologie, Tuner- und Schnittstellen, Internet- und Netzwerk, Benutzerfreundlichkeit etc. will Philips trotz reduziertem Budget an alte Erfolge anknüpfen und auch weiterhin innovative sowie attraktive Produkte hervorbringen. Die Ankündigungen für 2011 klingen bereits vielversprechend: Weder in der Quantität noch Qualität wird die kommende TV-Generation hinter den diesjährigen Fernsehern zurückstecken.