100 Jahre Universal – 3. Teil
Alfred Hitchcock
Intermezzo: Alfred Hitchcock
Alfred Hitchcock gehörte zu den einflussreichsten Köpfen Hollywoods – wenn er nicht gar DIE einflussreichste Person der Traumfabrik war. Sein Film „Psycho“ ist daher eines der Leuchtfeuer in der Jubiläums-Edition. Und auch die 14 Discs umfassende „Hitchcock-Collection“ würdigt den Nachlass dieses Ausnahme-Regisseurs.
In den über 50 Jahren, die der Brite als Regisseur tätig war, entwickelte er viele wegweisende Techniken, die auch heute noch angewandt werden. Mit ihnen definierte der „Master Of Suspense“ das Genre Psychothriller vollkommen neu. Unvorhersehbare Twists, beklemmende Situationen, Verfolgungsjagden, obsessive, durchpsychologisierte Charaktere, coole Blondinen, die Beobachterperspektive, der MacGuffin, notorische Ängste, Mutterkomplexe und natürlich der obligatorische, leicht selbstverliebte Gastauftritt – es gibt kaum einen Filmemacher, der mehr Markenzeichen vorzuweisen hat, als er.
Der Mythos
Es ist aber auch die Art, wie er seine Werke produzierte. Anders als die meisten seiner Kollegen, schaffte er es nämlich die zu der Zeit noch vorherrschende Vormachtstellung der Filmproduzenten zu umgehen, um seine eigenen Visionen durchzusetzen. Auch bei den Darstellern überließ er nichts dem Zufall und behielt ganz klar die Kontrolle über ihr Schauspiel bzw. die Interpretation ihrer Rollen. Hitchcock selbst propagierte seine Methode als sehr auf die Vorproduktion fokussiert. Das heißt, er investierte viel Zeit in das Drehbuch, die Lokalitäten und die Rollenbesetzung, um danach wie er sagte, einfach nur noch den Film zu drehen. Anpassungen des Skripts soll es während des Drehs kaum gegeben haben, obwohl aktuelle Theorien über seinen Arbeitsstil sich da noch uneinig sind.
Egal wie bekannt seine Filme „Das Fenster zum Hof“ (1954), „Vertigo“ (1958), „Der unsichtbare Dritte“ (1959) oder auch „Die Vögel“ (1963) sein mögen, der Erfolg von „Psycho“ (1960) übertrifft sie alle. Jenes Meisterwerk war es auch, das Hitchcock zu den Universal-Studios führte. Da Paramount nicht die Finanzierung übernehmen wollte, zahlte er die Kosten größtenteils aus eigener Tasche und fand auf dem Universal-Gelände eine dankbare Heimat für sein Bates Motel, das auch heute noch dort steht. Für seine zukünftigen Filme erhielt er dort auch endlich die kreative Freiheit, die er sich Zeit seines Lebens von den Produzenten erkämpfen musste. Dennoch war der Dreh der Robert-Bloch-Verfilmung alles andere als einfach.
Der Revolutionär
So besetzte er Vera Miles nur ungern für den Part der zweiten Hauptrolle, da ihn jene schon einmal wegen ihrer Schwangerschaft bei „Vertigo“ hängen ließ. Zudem war die berühmte Duschszene ein langwieriger Kraftakt für Darstellerin Janet Leigh und den Kameramann, der vor der schwierigen Aufgabe stand, Kamera und Fokus gleichzeitig manuell zu bewegen. Der immense Kritiker- und Publikums-Erfolg von „Psycho“ machte aus Hitchcock endgültig eine Ikone seiner Ära. Da diese Zeit zur fruchtbarsten und interessantesten seiner Karriere gehörte, rotiert übrigens auch der Anfang 2013 erscheinende Paramount-Film „Hitchcock“ genau darum.
Hitchcock und Reville
Hinter vielen männlichen Berühmtheiten steht meistens eine starke Frau, die sie nach Leibeskräften unterstützt. Bei Alfred Hitchcock war es nicht anders: Als er die Cutterin und Drehbuchschreiberin Alma Reville zum ersten Mal traf, war sie noch erfolgreicher als er. Nach längerer Zusammenarbeit lernten sie sich während der Produktion von „Weib gegen Weib“ (1923) näher kennen, verliebten sich und heirateten schließlich drei Jahre später. 1928 erblickte ihre einzige Tochter Patricia das Licht der Welt.
Obwohl Alma auch andere Projekte betreute, konzentrierte sie sich bis in die späten 1940er Jahre auf das Werk ihres Mannes. Auch nachdem sie 1939 in die Staaten auswanderten, um Hitchcocks Karriere in Hollywood fortzuführen, stand sie ihm mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um die Ausarbeitung des Drehbuches oder den Schnitt ging. Nachdem bei ihr im Alter von 59 Krebs diagnostiziert worden war, hatte sie stets mit ihrer Gesundheit zu kämpfen, dennoch überlebte sie ihren Mann und verstarb erst im Alter von 82 Jahren.
Auf dem Weg zum Blockbuster…
Kommende Woche erfahren Sie im vierten Teil unseres Specials, wie der Blockbuster die Monumentalfilme ablöste, um wieder vermehrt Publikum von der Flimmerkiste in die Kinos zu locken. Darüber hinaus stellen wir Ihnen wieder zwei Filme vor. Zudem haben wir mit dem Drehbuchautor des Spielberg-Klassikers „Der weiße Hai“, Carl Gottlieb, ein spannendes Interview geführt.