Wie umgehen mit Holocaust-Leugnern auf Facebook? Konzernchef Mark Zuckerberg, selbst jüdisch, bekräftigt, dass er solche Einträge nicht grundsätzlich entfernen wolle. Die Kritik ist enorm.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg will Beiträge von Holocaust-Leugnern weiterhin nicht grundsätzlich von seiner Plattform verbannen. In einem Interview des US-Technikblogs „Recode“ sagte der 34-Jährige, er selbst sei Jude und finde es zutiefst beleidigend, wenn Menschen den Völkermord an den Juden im Zweiten Weltkrieg bestritten.
„Aber am Ende glaube ich nicht, dass unsere Plattform das herunternehmen sollte, weil ich denke, dass es Dinge gibt, bei denen verschiedene Menschen falsch liegen. Ich denke nicht, dass sie absichtlich falsch liegen“, erklärte er. Der Zentralrat der Juden und das Auschwitz-Komitee kritisierten Zuckerberg scharf.
Bei Zuckerbergs Äußerungen geht es vor allem um Länder, in denen die Leugnung des Holocaust nicht strafbar ist. In Deutschland ist die Leugnung oder Verharmlosung des Massenmords an Juden illegal. Hier werden laut Facebook entsprechende Inhalte entfernt.
In dem Gespräch mit „Recode“ unterbrach Interviewerin Kara Swisher Zuckerberg und sagte, im Fall von Holocaust-Leugnern könne es sich wohl doch um Absicht handeln. Zuckerberg meinte daraufhin, es sei schwierig, Absichten in Zweifel zu ziehen. „Ich denke nur, so abscheulich einiger dieser Beispiel auch sind, die Realität ist, dass ich auch Fehler mache, wenn ich öffentlich spreche.“
Er wolle nicht jemanden von der Plattform nehmen, der – auch mehrfach – falsche Sachen behaupte, erklärte Zuckerberg. Solange derjenige nicht versuche, Unheil zu organisieren oder jemanden anzugreifen, dann könne er diesen Inhalt auf seine Seite stellen – auch wenn andere nicht damit einverstanden seien oder es beleidigend fänden. Aber das bedeute nicht, dass die Inhalte weit verbreitet werden sollten – im Gegenteil, dies müsse dann verhindert werden.
Der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, kritisierte die „Absurdität der Argumentation“ Zuckerbergs. „Weiß dieser Mann wirklich nicht, was in der Welt vor sich geht und welche gesellschaftlichen Entwicklungen es – nicht nur in den USA – sondern auch in den europäischen Ländern gibt?“ Heubner sprach von einem neuen Zeichen von Ignoranz und Arroganz, gepaart „mit einer politischen Blindheit, die fast an Naivität grenzt“. Er warnte vor den sehr gefährlichen Auswirkungen für die Betroffenen und für die gesellschaftliche Atmosphäre.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, verwies auf die unterschiedlichen Ansichten des amerikanischen und des deutschen Rechts. „In den USA wird „freedom of speech“, die Freiheit der Rede, über alles gestellt“, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Er habe dafür allerdings kein Verständnis. Entsprechende Hetze werde immer weiter propagiert, so Schuster. Im Internet-Zeitalter erfolge ein solcher Transport sekundenschnell und werde schnell weiterverbreitet.
Auch in sozialen Netzwerken hatte es heftige Kritik an den Aussagen des Facebook-Chefs gegeben. Zuckerberg selbst ergänzte daraufhin in einem Nachtrag: „Ich persönlich finde die Leugnung des Holocausts zutiefst beleidigend und ich wollte absolut nicht die Absichten von Leuten verteidigen, die das leugnen.“ Facebooks Ziel im Umgang mit Fake News sei es nicht, jemanden zu hindern, etwas Unwahres zu sagen – sondern Fake News und die Ausbreitung von Falschinformationen über die Facebook-Dienste zu stoppen. Sollte ein Post zu Gewalt oder Hass gegen einzelne Gruppen aufrufen, „würde dieser entfernt“.
Bereits im vergangenen Jahr war Facebook im Zusammenhang mit dem Thema in die Kritik geraten. Damals gab das Unternehmen bekannt, dass es nicht in allen Ländern, in denen die Holocaust-Leugnung illegal ist, entsprechende Inhalte gesperrt werden. Wie Facebook seinerzeit mitteilte, werden (Stand Mai 2017) in acht Ländern, darunter Deutschland, Italien und Belgien, Einträge geblockt. Die Leugnung oder Verharmlosung des Massenmords an Juden ist in mehr als zehn Ländern strafbar. Eine Anfrage am Mittwoch, ob diese Länderzahl aktuell ist, blieb zunächst unbeantwortet.
[dpa]
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