Die EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen soll auch in Deutschland umgesetzt werden. Das könnte Folgen haben, an die anfangs niemand gedacht hat – zu Lasten der Pressefreiheit.
Es geht in der EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen nicht um Journalismus. Aber ihre anstehende Umsetzung könnte auch Folgen für Journalisten und Verlage in Deutschland haben. Medien und Branchenverbände warnen deshalb vor Einschränkungen nicht zuletzt für den investigativen Journalismus. Das gilt zum Beispiel für verdeckte Recherchen oder heimliche Dreharbeiten. „Investigative Recherche darf durch das neue Gesetz nicht unnötig behindert oder gar kriminalisiert werden“, sagte der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm der Deutschen Presse-Agentur.
„Wenn Unternehmen weitgehend selbst bestimmen können, was als Geschäftsgeheimnis unter den Schutz des Gesetzes fällt, ist eine journalistische Aufklärung von Missständen im Geschäftsgebaren von Unternehmen nicht mehr ausreichend möglich“, erläuterte Wilhelm.
Kritiker monieren, der Begriff des Geschäftsgeheimnisses sei im aktuellen Entwurf zu weit gefasst, und Verstöße gegen das Gesetz könnten weitreichendere strafrechtliche Folgen haben als bisher. Investigative Recherchen würde das zusätzlich erschweren – allein durch den Abschreckungseffekt. „Durch die Umkehr der Beweislast müssten investigative Journalisten und ihre Informanten künftig generell damit rechnen, strafrechtlich verurteilt zu werden“, warnte der ARD-Vorsitzende. „Das hätte gravierende Auswirkungen nicht nur für die Medien, sondern auch für die Öffentlichkeit, die ein berechtigtes Informationsinteresse hat.“
Der Gesetzentwurf wird voraussichtlich noch im Frühherbst in den Bundestag eingebracht. Branchenverbände der Journalisten sowie der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger genau wie etwa der Deutsche Presserat, ARD, ZDF und Deutschlandradio hatten schon im Sommer an das Bundesjustizministerium geschrieben und darauf hingewiesen, dass der investigative Journalismus nicht durch das Geschäftsgeheimnisgesetz gefährdet werden dürfe. Im Juli hat sich das Bundeskabinett mit dem Thema befasst.
„Wir sind zuversichtlich, dass es mit dem am 18. Juli 2018 vom Bundeskabinett verabschiedeten überarbeiteten Gesetzentwurf zur Umsetzung der Geschäftsgeheimnisrichtlinie gelungen ist, diesen Bedenken angemessen Rechnung zu tragen“, teilte das Bundesjustizministerium mit. Die Gewährleistung der Meinungs- und Pressefreiheit sei auch für das Bundesjustizministerium ein wichtiges Anliegen.
Ein Sprecher der Branchenverbände erklärte, der Regierungsentwurf habe die problematischsten Regelungen des Referentenentwurfes korrigiert und erlaube einen deutlich verbesserten Schutz der Pressefreiheit. „Die noch offenen Punkte müssen nun im parlamentarischen Verfahren sorgfältig erörtert und bereinigt werden“, so der Sprecher im Namen des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), der Deutschen Journalisten-Union (dju), des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ).
[dpa]
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