Vergangenen Samstag ließ sich Erdogan von seinen Anhängern noch in Köln feiern. Nun muss der türkische Regierungschef erneut eine juristische Schlappe hinnehmen. Denn nach dem Ende der Twitter-Blockade ordnet das türkische Verfassungsgericht an, auch die Sperrung von YouTube aufzuheben.
Zwei Monate nach der Blockade der Videoplattform YouTube in der Türkei hat das Verfassungsgericht in Ankara ein Ende der Sperre angeordnet. Das Gericht sehe durch die Blockade das Recht auf Meinungsfreiheit verletzt, meldete die Nachrichtenagentur Anadolu nach dem Urteil am Donnerstag. Es werde seine Begründung nun den Telekommunikationsbehörden übermitteln.
Vor der Kommunalwahl Ende März hatte die Regierung erst den Kurznachrichtendienst Twitter und dann auch YouTube sperren lassen. Regierungsgegner hatten zuvor vor allem über Twitter und YouTube Telefonmitschnitte verbreitet, die Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan unter Korruptionsverdacht brachten.
Die Twitter-Sperre hatte das Verfassungsgericht bereits am 3. April wieder aufgehoben. Erdogan hatte anschließend gesagt, die Regierung müsse das Urteil umsetzen, es aber nicht respektieren. Das Urteil zu YouTube ist erneut eine juristische Niederlage für die Regierung.
Nach dem Ende der Twitter-Blockade hatte auch YouTube das Verfassungsgericht angerufen. In den vergangenen Wochen war die Plattform sporadisch bereits wieder zugänglich gewesen. Häufig erschien beim Aufruf der Seite aber lediglich der Sperrhinweis der Behörden. Twitter hatte nach dem Ende der Blockade zwei regierungsfeindliche Konten mit knapp einer Million Nutzern in der Türkei gesperrt.
Zwischen dem Verfassungsgericht und der Regierung schwelt seit Wochen ein Konflikt. Nach dem Urteil zum Ende der Twitter-Blockade hatten die obersten Richter auch wesentliche Teile einer Justizreform gekippt, mit dem die Regierung ihre Kontrolle über Richter und Staatsanwälte ausweiten wollte. Erdogan warf dem Gericht sinngemäß vor, sich in Regierungspolitik einzumischen.
Im Februar war in der Türkei ein Gesetz in Kraft getreten, mit dem die Regierung ihre Kontrolle über das Internet verschärfte. Das Gesetz und die Blockade sozialer Medien wie YouTube und Twitter wurden besonders von der EU und den USA scharf kritisiert.
Derzeit kursieren in der Türkei über soziale Medien Aufrufe, zum Jahrestag des Beginns der landesweiten Gezi-Proteste an diesem Samstag auf dem Istanbuler Taksim-Platz zu demonstrieren. Medienberichten zufolge sollen bis zu 25 000 Polizisten und 50 Wasserwerfer eingesetzt werden, um die Proteste zu verhindern.
Erdogan hatte die Kommunalwahl in der Türkei in eine Abstimmung über seine Politik umgemünzt. Seine Partei AKP gewann die Wahl deutlich und holte rund 45 Prozent der Stimmen. Am 10. August steht in der Türkei die Präsidentenwahl an. Erdogan hat noch nicht erklärt, ob er – wie von seiner Partei gewünscht – kandidieren wird. Parteistatuten verbieten ihm eine vierte Amtszeit als Ministerpräsident. Erstmals wird der Präsident direkt vom Volk gewählt werden. [dpa/das]
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