Die weltgrößte Musikplattform Youtube verdient viel Geld mit Werbung rund um die hochgeladenen Clips. Werden dabei Urheberrechte verletzt – die Plattform überprüft das nicht. Ein teures Ärgernis seit vielen Jahren für Künstler oder Musikproduzenten. Einem reicht es jetzt.
Raubkopien? Illegales Hochladen von Musikvideos? Das darf natürlich nicht sein, beteuert die Videoplattform Youtube, weist die Verantwortung dafür aber zurück. Schließlich seien die Nutzer ausdrücklich aufgerufen, Urheberrechte zu respektieren und einzuholen – und das Unternehmen selbst nur die technische Plattform. Ob es sich die Google-Tochter damit zu einfach macht, überprüft nun der Bundesgerichtshof (BGH).
Worum geht es?
Zur Debatte steht die Frage, ob Youtube haftet, wenn Nutzer unberechtigterweise Clips einstellen. Außerdem müssen die Richter klären, welche Maßnahmen sie von der Plattform erwarten, um Rechteverletzungen vorzubeugen. Das Verfahren könnte die Rolle solcher sogenannter Hostprovider neu definieren. „Eine Plattform verdient hier mit Inhalten anderer sehr viel Geld und bezieht sich im Jahr 2018 letztlich immer noch darauf, technisch und inhaltlich neutral zu sein. Das ist so nicht akzeptabel“, sagt Florin Drücke, Chef des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI).
Welcher Fall liegt dem Verfahren zugrunde?
Gestritten wird seit etwa zehn Jahren zwischen dem Hamburger Produzenten Frank Peterson und der zu Google gehörenden Plattform. Peterson wirft Youtube vor, immer wieder Songs und Clips von Konzertauftritten sowie dem Studioalbum „A Winter Symphony“ der britischen Sopranistin Sarah Brightman zur Verfügung gestellt zu haben – obwohl die Rechte bei ihm als dem Produzenten der Sängerin lagen. Konkret geht es dabei um 36 Titel.
Was will Peterson erreichen?
Der Musiker und Produzent klagt auf Unterlassung und Schadenersatz. Denn mit jedem Click entgehen ihm Lizenzgebühren; Youtube bringe ihn um viel Geld. „Ich nenne das Enteignung und modernen Feudalismus“, sagt er. Außerdem will er von Youtube Auskunft über die Nutzer, die die Clips hochluden. „Heute weiß längst jedes Kind, dass der anonym bleibende private Uploader nicht die Nutzungs- und Verwertungsrechte am Repertoire von Künstlern wie Sarah Brightman oder anderen hat“, sagt Petersons Anwalt Jens Schippmann.
Wie ist die Rechtslage bislang?
Bisher war es so, dass Youtube erst über eine Rechteverletzung in Kenntnis gesetzt werden und aufgefordert werden musste, das Video zu löschen. Ob jemand einen Clip hochladen darf, wurde also nicht schon im Vorfeld überprüft. Sondern der Rechteinhaber musste seine Rechte gegenüber Youtube nachweisen, bevor es Konsequenzen gab.
Was haben die Vorinstanzen gesagt?
Vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Hamburg hatte die Klage Petersons jeweils für bestimmte Titel Erfolg – aber nur insofern, als Youtube im Rahmen der Störerhaftung verurteilt wurde. Sprich: Das Unternehmen wurde dazu verdonnert, die Titel aus der Plattform zu nehmen, bei denen es zuvor bereits über eine Verletzung eines Urheberrechtes informiert worden war. Die Richter mahnten zudem eine strengere Prüfpflicht Youtubes an. Eine generelle Verantwortung der Google-Tochter für solche Verstöße wurde aber verneint.
Was sagt Youtube dazu?
Zum konkreten Fall: Nichts. Youtube nehme Urheberrechtsverletzungen aber sehr ernst, heißt es auf Anfrage. Sobald ein solcher Fall gemeldet werde, würden die betreffenden Videos gesperrt und der Kanalbetreiber verwarnt.
Außerdem verweist das Unternehmen auf seine Hinweise zum Urheberrecht. Darin macht es den Nutzer darauf aufmerksam, dass er die Rechte besitzen muss, bevor er etwas hochlädt. Auch gebe es Filtersysteme wie die sogenannte Content ID: Damit könnten urheberrechtlich geschützte Werke entdeckt werden; 98 Prozent aller Verstöße würden vom System erkannt.
Welche Konsequenzen könnte ein Urteil haben?
Würde der BGH im Sinne Petersons entscheiden und eine Haftung von Youtube annehmen, wäre das nach Worten von Christian Solmecke, Experte für Internetrecht, ein Novum in der deutschen Rechtsprechung. „Dies würde das gesamte bisherige System der Plattformen in Frage stellen, auf denen Nutzer Inhalte hochladen können.“ Möglich ist aber auch, dass der BGH die Entscheidung zum Europäischen Gerichtshof und damit auf die europäische Ebene weiterreicht. Denn dort steht eine Neuregelung an zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt.
[dpa]
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