RTL und ProSiebenSat.1 im Web: Ein Free-TV, das keines mehr ist

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Fernsehen über das Internet ist einer der größten Zukunftsmärkte innerhalb der Branche und besonders für die großen Privatsender auch ein neues Geschäftsmodell. Denn über Anbieter wie Zattoo, Magine und Co. sind RTL und ProSiebenSat.1 nicht länger Free-TV. Die Distributionskosten werden auf den Zuschauer abgewälzt.

Endlich: Nach den Free-TV-Sendern der Mediengruppe RTL stehen seit der vergangenen Woche auch die Kanäle Sat.1, ProSieben, Kabel Eins, Sixx, Sat.1 Gold und ProSieben Maxx von ProSiebenSat.1 über den Web-TV-Dienst Zattoo zur Verfügung. Damit bietet erstmals ein Internet-TV-Anbieter in Deutschland alle wichtigen Sender der öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten an.
 
Free-TV sind die Sender von RTL und ProSiebenSat.1 dabei allerdings nicht, denn bei Zattoo befinden sich die entsprechenden Programme im kostenpflichtigen HiQ-Paket und werden nur gegen die Zahlung einer monatlichen Gebühr freigeschaltet – in SD-Qualität übrigens, denn hochauflösend stehen die Programme via Web-TV gar nicht erst zur Verfügung. Für Zattoo ist dies jedoch die einzige Möglichkeit, die Sender überhaupt an Bord zu bekommen. Besonders beim stationären TV-Empfang dürften viele Nutzer damit weiterhin lieber auf Satellit oder DVB-T setzen, wo es die entsprechenden Sender in der Regel ohne Zusatzkosten gibt. Der Vorteil von Zattoo liegt derzeit einzig bei der mobilen Empfangbarkeit.

Dass die Sender der Mediengruppen RTL und ProSiebenSat.1 in ein kostenpflichtiges Paket kommen, dürfte dabei in erster Linie ein Indiz dafür sein, dass sich die Veranstalter die Bereitstellung ihrer Programme von den Web-TV-Anbietern bezahlen lassen. Anders als bei den Kabelnetzbetreibern, die über eine eigene Infrastruktur mit Millionen von bereits bestehenden End- und Großkundenverbindungen verfügen und die von den Sendern daher Einspeisegebühren verlangen können, sitzen die Sender gegenüber Zattoo und Co. am längeren Hebel.
 
Das Ergebnis dieser Situation sieht derzeit so aus, dass die Internet-TV-Anbieter entsprechende Senderpakete nur kostenpflichtig anbieten. Die eigentlichen Free-TV-Sender, die werbefinanziert sind, werden somit zu Pay-TV. Eine Anfrage an Zattoo zu diesem Thema blieb zunächst unbeantwortet, wie jedoch Insider der Branche unter vorgehaltener Hand gegenüber DIGITAL FERNSEHEN erklärten, sei die Verbreitung der entsprechenden Kanäle anders für die Anbieter überhaupt nicht finanzierbar. Die etwa von Zattoo für sein Free-TV-Angebot genutzte Werbefinanzierung reicht offenbar nicht aus, um die anfallenden Kosten zu tragen. Dies zeigt auch die aktuelle Entwicklung bei Zattoo, denn im Zuge der Verbreitung der Sender von ProSiebenSat.1 wurden die Preise für das HiQ-Paket deutlich angehoben. Statt 4,99 Euro im Monat zahlen Kunden dafür künftig 9,99 Euro. Generell etwas günstiger ist das Jahrespaket, doch auch hier stieg der Preis von 44,99 auf 99,99 Euro. Letztlich werden die Distributionskosten damit auf den Zuschauer abgewälzt.
 
Interessant ist allerdings, dass andere Privatsender offensichtlich anders verfahren. So befinden sich abseits der Mediengruppen RTL und ProSiebenSat.1 fast alle in Deutschland verfügbaren frei empfänglichen Privatsender im Free-TV-Paket von Zattoo. Darunter fallen unter anderem DMAX, Sport1, Deluxe Music, Welt der Wunder TV und seit neuestem auch TLC. Besagte Sender bieten oft sogar einen eigenen Livestream ihres Programms im Internet an, während RTL und ProSiebenSat.1 nur ausgesuchte Sendungen live ins Netz streamen. Die kleinen Sender wollen mit der kostenlosen Verbreitung ihrer Inhalte im Netz ihre Zuschauerreichweite erhöhen, während RTL und ProSiebenSat.1 darin wohl vor allem ein neues Geschäftsmodell sehen.
 
Grundsätzlich ist das natürlich nachvollziehbar. Problematisch wird es allerdings, wenn es zur Verschmelzung zweier Geschäftsmodelle kommt. Denn die umfangreichen Werbeblöcke im Programm der jeweiligen Sender fallen durch den kostenpflichtigen Empfang natürlich nicht weg. Auch der Mehrwert einer HD-Auflösung wie etwa bei HD Plus ist dabei nicht gegeben. Der Zuschauer zahlt also faktisch für Sender, die vom gesamten Grundprinzip her als Free-TV-Programme konzipiert sind. Ein wenig erinnert das ganze dabei an frühere Versuche von RTL und ProSiebenSat.1, ihre Free-TV-Programme im digitalen Zeitalter generell nur noch verschlüsselt anzubieten. Die gescheiterten Projekte Entavio und Viseo Plus dürften dabei vielen noch geläufig sein. Neben dem Geld, das sich auf diese Weise zusätzlich mit der Programmdistribution verdienen lässt, standen dabei natürlich auch die teilweise nachvollziehbaren Signalschutz-Bestrebungen der Sendergruppen mit zur Debatte.
 
Im aktuellen Fall kann diese Argumentation jedoch nur bedingt gelten. Denn die Sender sind auf den anderen Wegen ohnehin frei empfangbar und können aufgezeichnet werden. Vielmehr besteht die Gefahr, dass auf dem neuen Empfangsweg Internet der Versuch unternommen wird, das einzuführen, was über die alten Wege nicht funktioniert hat: Ein Free-TV, das keines mehr ist. [ps]

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153 Kommentare im Forum
  1. AW: RTL und ProSiebenSat.1 im Web: Ein Free-TV, das keines mehr ist Wenn die Leute es mit sich machen lassen, selber schuld.
  2. AW: RTL und ProSiebenSat.1 im Web: Ein Free-TV, das keines mehr ist Inwieweit fließen denn die Zuschauer von Zattoo & Co in die Quotenberechnung ein? Wenn dies nicht der Fall ist, finde ich es verständlich, wenn die Privaten dafür dann Geld sehen möchten.
  3. AW: RTL und ProSiebenSat.1 im Web: Ein Free-TV, das keines mehr ist Die einzige Richtung in der Geld fliessen dürfte wäre von den Sendern zu den Zuschauern als Schmerzensgeld! Aber leider giebt es ja genug Masochisten die für die Qualen des Privatfernsehens gerne bezahlen!
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