Wenn sich kommende Woche die Branche zur Netzkonferenz re:publica trifft, wird vor allem ein Thema auf dem Programm stehen: Wie steht es ein Jahr nach dem NSA-Skandal um die Freiheit im Internet und wie kann diese verteidigt werden? Die re:publica will darauf antworten geben.
Die NSA-Affäre hat die Netzaktivisten in Deutschland schwer getroffen. Ihr Kampfgeist aber scheint ungebrochen. Wenn in der nächsten Woche rund 6000 Menschen zur Netzkonferenz re:publica nach Berlin kommen, steht die Verteidigung der digitalen Lebensräume auf der Tagesordnung. Frontmann Sascha Lobo nennt es das „Jahr 1 nach Snowden“. Das Ringen um die Freiheit im Internet zieht sich als roter Faden durch die etwa 350 Vorträge und Podiumsdiskussionen auf 18 Bühnen im ehemaligen Postbahnhof von Berlin.
„Viele hatten noch einen naiven Glauben an das Gute im Netz“, sagt Markus Beckedahl, einer der Gründer der seit 2007 jährlich größer werdenden Konferenz. „Jetzt ist allen bewusst, dass uns das Internet von kriminellen Geheimdiensten entrissen wurde. Wir werden darüber nachdenken müssen, wie wir es zurückbekommen.“
Die Überwachung der Privatsphäre sei zwar schon immer ein Thema gewesen, sagt Beckedahl. Viele Konferenzbesucher hätten die Sorge um den Schutz der persönlichen Daten aber in den Dunstkreis von Verschwörungstheorien gebracht und nicht so richtig ernst genommen.
„Es bedarf einer Vielzahl an technischen und politischen Schritten, um sich zur Wehr zu setzen“, sagt Beckedahl mit Blick auf das Programm der Konferenz. Für den politischen Teil steht etwa die britische Wikileaks-Mitarbeiterin Sarah Harrison. Sie begleitete den ehemaligen Geheimdienst-Analysten Edward Snowden im vergangenen Jahr von Hongkong nach Moskau und spricht auf der re:publica zum Thema: „From USA to USB“.
Zum Aktivisten für Freiheit im Netz macht die re:publica den Schauspieler David Hasselhoff, der das gefühlt hundertste Manifest zu diesem Anliegen auf den Weg bringen will. Der US-Verschlüsselungsexperte Jacob Appelbaum, der seit den Enthüllungen Snowdens in Berlin lebt und nicht mehr in die USA zurückkehren will, spricht über PGP und wie dieses sperrige Verfahren zum Schutz der E-Mail-Kommunikation vielleicht etwas sexier gestaltet werden kann.
Um Sex geht es auch Teilnehmern, die das Netz als wichtigen Teil ihres Lebens verstehen. Wenn das Private politisch wird, gilt das auch umgekehrt. So geht eine Diskussionsrunde den Fragen nach, was die Faszination von Lifestyle-Blogs ausmacht und wo die Grenze zum Lifestyle-Porn, dem übertriebenen Zur-Schau-Stellen des eigenen Lebens, liegt.
Und was ist eigentlich, wenn es vorbei ist mit der Liebe in der digitalen Ära? Das fragt die Stuttgarterin Eva Horn. „Es ist viel einfacher, mit ein paar Klicks herauszufinden, was der andere Mensch gerade tut“, sagt sie. Während einer Beziehung ist das schön, auch Fernbeziehungen profitieren von den neuen Kontaktwegen. Doch geht die Liebe in die Brüche, stachelt der ständige Kontakt die Eifersucht an, beobachtet Horn. Viele wollen eigentlich den Kontakt abbrechen, klicken dann aber doch wieder zum Instagram- oder Facebook-Profil des Ex-Partners. Das ist ein Grundproblem der digitalen Kommunikation: „Man bewegt sich ständig zwischen Selbstdarstellungswahn und dem Wunsch nach Privatsphäre.“
Die unterschiedlichen Facetten der eigenen Identität verteilen sich dazu auf ganz unterschiedliche Plattformen. „Da ist man als Mitarbeiter bei Xing, als Privatperson auf Facebook und mit dem Hobby in einer Whatsapp-Gruppe“, sagt Konferenz-Mitorganisator Beckedahl. „Allen sozialen Medien ist gemeinsam, dass die Menschen nicht nur passiv vorm Fernseher sitzen, sondern mit anderen interagieren.“[Jessica Binsch/Peter Zschunke/fm]
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