Im Redtube-Fall mehren sich die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verschickten Abmahnungen. Neben der weiterhin nicht geklärten Beschaffung der IP-Adressen scheint es nun auch Hinweise dafür zu geben, dass die Abmahner die angeblich verletzten Rechte gar nicht besitzen.
Die Diskussion um die Rechtmäßigkeit der Redtube-Abmahnungen nimmt neue Fahrt auf. Neben der Frage, wie das Unternehmen an die IP-Adressen zur Identifizierung der betroffenen Nutzer gekommen ist, gibt es nun offenbar auch Zweifel daran, ob der Schweizer Rechteinhaber The Archiv AG überhaupt im Besitz der entsprechende Rechte ist, deren Verletzung in zehntausenden Briefen abgemahnt wurde. Denn laut Verträgen, die der „Welt am Sonntag“ offenbar vorliegen, ist keineswegs klar, dass dem Abmahner die entsprechenden Online-Verwertungsrechte für die entsprechenden Titel auch tatsächlich gehören.
Anfang Dezember hatten zehntausende Redtube-Nutzer Post von der Regensburger Anwaltskanzlei Urmann und Collegen bekommen, in denen das illegale Streamen von Erotik-Videos im Auftrag von The Archiv abgemahnt wurdn. 250 Euro Strafe sollten die Betroffen an das Schweizer Unternehmen zahlen. Zudem sollte eine Unterlassungserklärung abgegeben werden. Nun stellt sich allerdings die Frage, ob The Archiv zu diesen Forderungen überhaupt berechtigt ist, denn offenbar gibt es Lücken in der Rechtekette.
Laut den Vertragsunterlagen hat The Archiv die Rechte an den Filmen von der Berliner Firma Hausner Productions erworben, die wiederum insgesamt zehn Titel von der spanischen Serrato Consultores S.L eingekauft hatte. Doch auch die Spanier sind eigentlich nicht die Urheber der Filme. Gedreht wurden die Streifen von der US-Produktionsfirma Combat Zone USA – und das unter einem gänzlich anderen Namen.
Entscheidend ist nun, welche Rechte Hausner Productions konkret an den Filmen erworben hat und ob das Unternehmen dazu berechtigt war, diese an Dritte weiterzugeben. Da die Amerikaner die Filme nach wie vor selbst online zum Kauf anbieten, scheint es recht unwahrscheinlich, dass sich die Spanier die kompletten Verwertungsrechte an den Erotik-Titeln sichern konnten. Damit wird auch fraglich, ob die Online-Rechte überhaupt bis zu The Archiv weitergereicht sein worden können.
Doch die Rechtefrage ist keineswegs der einzige Punkt, an dessen juristischer Korrektheit derzeit gezweifelt wird. Denn auch die Beschaffung der notwendigen IP-Adressen ist bisher nicht geklärt. Experten vermuten, dass die Nutzer beim Aufrufen der Redtube-Seite zuvor auf eine andere Homepage umgeleitet wurden, auf der ihre Zugriffsdaten registriert und gespeichert wurden. Anschließend seien die Nutzer auf die ursprünglich angewählte Seite von Redtube gekommen, so der Verdacht. Mittlerweile beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft mit der Frage.
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