Positive Bilanz zum Hacker-Kongress mit Snowden und Schaar

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Bild: © Victoria - Fotolia.com
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Technik war nicht alles auf dem Kongress des Chaos Computer Clubs. Unter dem Motto „Tu Wat“ ging es auch um Politik, Gesellschaft und Wissenschaft. Selbst US-Whistleblower Edward Snowden schaltete sich aus dem russischen Exil zu.

Wie sinnvoll ist die Sicherheitspolitik der Bundesregierung? Wo sind die Grenzen der Pressefreiheit? Und warum sollten sich Hacker immer wieder einmischen? Auf dem Kongress des Chaos Computer Clubs (CCC) in Leipzig geht es nicht nur um technische Details und Softwarecodes. Auch politische und gesellschaftliche Fragen nehmen einen immer größeren Raum ein. „Vor ein paar Jahren waren unsere Sorgen noch rein netzpolitischer Natur, aber die Welt hat sich gewandelt“, sagte CCC-Sprecher Linus Neumann am Freitag. Die Digitalisierung treffe immer mehr Lebensbereiche.
 
Ein Höhepunkt der Veranstaltung war, als sich Whistleblower Edward Snowden per Live-Schalte aus dem russischen Exil an das Publikum wandte. Ein Hacker sei jemand, der zweifle und hinterfrage, sagte der 34-Jährige. „Dieses Jahr hat bewiesen, wie wichtig unsere Skepsis ist.“ Snowden, der 2013 die ausufernde Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA öffentlich machte, erklärte „Unsere Arbeit war nie wichtiger.“ Die Welt verlasse sich auf die Hacker-Gemeinschaft.

Erst einen Tag zuvor hatte Grünen-Urgestein Hans-Christian Ströbele in Leipzig gefordert, dass der Ex-Geheimdienstagent auch nach Ende des NSA-Untersuchungsausschusses als Zeuge in Deutschland angehört werden müsse. „Snowden hat mit seinen Dokumenten in allen Punkten recht gehabt“, sagte der 74-Jährige. Er sei unverzichtbar für die Aufklärung. „Doch leider sitzt er in Moskau und kann da nicht weg, weil er von den USA bedroht wird mit einer langjährigen Freiheitsstrafe.“ Mehrere Versuche der Opposition, Snowden als Zeugen in den Ausschuss nach Berlin zu holen, waren zuvor gescheitert.
 
Deutliche Kritik an der Sicherheitspolitik der Bundesregierung übte auch der frühere Datenschutzbeauftragte Peter Schaar. Es sei ein Skandal, dass die Politiker unter Berufung auf Terroranschläge „unser aller Freiheitsrechte“ eingeschränkten. Genau das sei nach dem Anschlag am Berliner Weihnachtsmarkt 2016 geschehen. „Diese Gesetzgebungswelle ist ohne Beispiel.“
 
Er habe auch den Eindruck, dass die Verunsicherung der Bevölkerung mit Anti-Terror-Gesetzen steige, statt zu sinken. Wenn ständig behauptet werde, alles sei so unsicher, leide das Sicherheitsgefühl. Auch das Argument, dass Videoüberwachung vor Terrorismus schütze, wolle er so nicht teilen. Schaar verwies auf Untersuchungen, wonach sich Attentäter insbesondere videoüberwachte Orte für Anschläge aussuchten, weil sich dadurch die Wirkung vervielfache.
 
Derweil berichtete die Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk vom Verbot der als linksextremistisch eingestuften Website „linksunten.indymedia.org“. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ließ das Portal im August vom Netz nehmen. Die Seite sei die bedeutendste Plattform für gewaltbereite Linksextremisten in Deutschland, hieß es zur Begründung. Laut Pietrzyk klagen die Betreiber derzeit vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das Vorgehen.
 
Organisationen wie „Reporter ohne Grenzen“ hatten das Verbot im August als „rechtsstaatlich gefährliche Entwicklung“ kritisiert. Und auch Pietrzyk warnte, der Schritt sei möglicherweise erst der Anfang gewesen. „Ich persönlich halte eine freie Presse für eine unabdingbare Voraussetzung für eine funktionierende Öffentlichkeit und eine diskursive Gesellschaft.“
 
Auf dem Chaos Communication Congress 34C3 standen noch viele weitere gesellschaftliche und politische Themen auf dem Programm. Ein wissenschaftlicher Schwerpunkt am Freitag beschäftigte sich mit Aspekten des Klimawandels. Das diesjährige Motto lautete „Tu Wat“. Es gehe darum, sich einzubringen, mitzumzuachen und angesichts der massiven Veränderungen durch die Vernetzung nicht untätig daneben zu stehen, sagte Neumann. [dpa]

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