Ein neuer Vorschlag, der am Dienstag den Industrieausschuss des Europäischen Parlamentes passiert hat, könnte das Prinzip der Netzneutralität in Europa gefährlich ins Wanken bringen. Demnach dürften Netzbetreiber sogenannte „Spezialdienste“ in höherer Qualität anbieten.
Der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments hat am Dienstag einen Vorschlag verabschiedet, der die Netzneutralität in Europa empfindlich aushöhlen könnte. Oberflächlich betrachtet sprechen sich die Entwickler dabei zwar für strengere Regeln gegen das Blockieren von Konkurrenzdiensten aus, bei genauerem Hinsehen ergeben sich jedoch Fragen. So räumt der Vorschlag den Netzbetreibern unter anderem ein, sogenannte „Spezialdienste“ in höherer Qualität als andere Dienste anzubieten.
Das Prinzip der Netzneutralität sieht vor, dass alle Datenpakete im Netz gleichbehandelt werden. Der jeweilige Netzprovider darf demnach Dienste von einzelnen Anbietern weder bevorzugt noch benachteiligt behandeln. Mit der Möglichkeit, die nicht näher definierten „Spezialdienste“ bevorzugt zu behandeln, dürfte dieses Prinzip jedoch faktisch ausgehebelt werden. Im schlimmsten Fall erlaubt es diese Regelung den Providern, eigene Dienste schneller durch das Netz zu leiten, als die der Konkurrenz oder sie lassen sich von den Netzanbietern für eine bevorzugte Durchleitung bezahlen.
Das Prinzip der Netzneutralität war bereits im vergangenen Jahr ein heftiges Diskussionsthema in Deutschland gewesen. Damals hatte die Deutsche Telekom angekündigt, in Zukunft ihre Internatanschlüsse ab einem bestimmten monatlichen Datenvolumen drosseln zu wollen, jedoch ihren eigenen IPTV-Dienst Entertain als speziellen Dienst von dieser Regelung auszunehmen. Mittlerweile ist die Telekom bei ihren Drosselungsplänen jedoch ein gutes Stück weit zurückgerudert.
Das Europäische Parlament wird am 2. und 3. April über die neuen Richtlinien für Telekommunikationsanbieter abstimmen. Erst nach der Europawahl Ende Mai wird sich das neue Parlament auf einen finalen Text einigen. [ps]
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