Die Mobilfunk-Branche ist im Aufbruch. Das neue Supernetz 5G soll nie da gewesene Möglichkeiten für das digitale Leben eröffnen. Und die führenden Hersteller setzen daran, das Smartphone neu zu erfinden. Auf dem Mobile World Congress dürfte es kaum langweilig werden.
Der Smartphone-Markt braucht dringend neuen Schwung. Gerade einmal um 0,1 Prozent legten die weltweiten Verkäufe laut Gartner im letzten Quartal 2018 im Jahresvergleich zu. Auf dem Mobile World Congress in Barcelona, dem wichtigsten Treffpunkt der Branche, dürften die Erwartungen entsprechend hoch liegen. Marktführer Samsung nahm mit einem vorgezogenen Event dem MWC allerdings bereits etwas Wind aus den Segeln. Die Messe in der katalanischen Hauptstadt (25. bis 28. Februar) dürfte dennoch für viel Gesprächsstoff sorgen. Im vergangenen Jahr zählte die Messe über 100 000 Besucher und mehr als 2400 Aussteller. Neben neuen Geräten steht in diesem Jahr einmal mehr auch der neue Mobilfunkstandard 5G im Mittelpunkt.
Fieberhaft arbeiten die Smartphone-Hersteller derzeit an der Neuerfindung der mobilen Schaltzentrale im Taschenformat. Kaum mehr sind selbst die Premium-Geräte führender Hersteller äußerlich voneinander zu unterscheiden. Samsung wagt sich nun bereits einige Tage vor Start der Messe mit einem konkreten Serienmodell eines faltbaren Smartphones aus der Deckung. In San Francisco – ganz in der Nähe der Heimat von Konkurrent Apple in Cupertino – präsentierte der Marktführer sein Smartphone Galaxy Fold, das sich aufgeklappt zu einem 7,3 Zoll großen Tablet-Display wandelt. In den USA will Samsung das Gerät am 26. April für 1980 Dollar in den Handel bringen, Europa folgt rund eine Woche später zum Preis von 2000 Euro.
Auf dem MWC in Barcelona dürfte Samsung jedoch nicht allein bleiben. Auch von Huawei erwarten Branchenbeobachter, dass man dort zumindest einen Blick auf ein ähnliches Gerät wird werfen können. Die Hersteller machen sich Hoffnungen, dass Falt-Telefone die Smartphone-Nutzung revolutionieren können, rund 12 Jahre nachdem Apples erstes iPhone das Licht der Welt erblickte. Dennoch werden sich die führenden Anbieter zunächst weiter vorrangig auf die Optimierung ihrer konventionellen Premium-Geräte konzentrieren. Für die Präsentation seines neuen Smartphones Huawei P30 hat sich der chinesische Hersteller jedoch einen anderen Ort und eine andere Zeit ausgesucht: Es soll am 26. März in Paris gezeigt werden.
Als ziemlich sicher gilt, dass die Besucher des MWC in diesem Jahr auch die ersten Smartphones zu Gesicht bekommen, die den neuen Funkstandard 5G unterstützen. Samsung hat ein 5G-fähiges Modell bereits in San Francisco angekündigt. In Deutschland dürfte es auf den Markt kommen, noch bevor entsprechende Netze verfügbar sein werden. Man wolle zum Start aber bereit sein, sagte Samsung-Manager Mario Winter. Sobald 5G verfügbar sei, werde es sicher auch genutzt.
Dass Smartphone-Nutzer zu den ersten Nutznießern der fünften Mobilfunkgeneration gehören, dürfte allerdings fraglich sein. Er gilt in erster Linie als Schlüssel für viele neue Dienste, etwa bei der Verbindung von Dingen in der Industrie („Industrie 4.0“), für die Realisierung moderner Verkehrskonzepte oder auch für das autonome Fahren. 5G ermöglicht erstmals den Austausch auch großer Datenmengen quasi in Echtzeit, mit einer theoretischen Geschwindigkeit von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde. Fürs Telefonieren oder zur Abdeckung weißer Flecken in der Versorgung sei er jedoch nicht gedacht, betonte zuletzt erneut auch Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland.
Alle führenden Hersteller von 5G-Technologie dürften ihre jüngsten Innovationen zum Aufbau der Supernetze nach Barcelona mitbringen. Ab 2020 soll der neue Standard auch hierzulande sukzessive aufgebaut werden. Allerdings rückten in den vergangenen Monaten mehr und mehr auch Sicherheitsaspekte in den Vordergrund. Die USA erklärten Huawei zum Sicherheitsrisiko und verdächtigen das Unternehmen unter anderem der Industriespionage. Neben Anbietern wie Nokia, Ericsson oder Cisco könnte sich Huawei als führender Mobilfunkausrüster deshalb auf dem MWC etwas zurückhalten.
In Deutschland wird derzeit um eine Lösung gerungen, einen Ausschluss von Huawei beim Aufbau des Netzes zu vermeiden und dennoch für die nötige Sicherheit der Infrastruktur zu sorgen. Eine Schwierigkeit: Das 5G Netz ist anders als seine Vorgänger dezentral aufgebaut, was zusätzliche Schwachstellen eröffnet. Und: Ganz auf Komponenten aus chinesischer Fertigung wird man nicht verzichten können. Nach Einschätzung einiger Experten hat Huawei technologisch die Nase vorn und einen Vorsprung von rund zwei Jahren. Ein Verzicht könne den Ausbau des Netzes empfindlich ausbremsen – was Deutschland bei der Digitalisierung weit zurückwerfen könnte.
Eine große Bühne wird der MWC in Barcelona traditionell auch wieder den Mobilfunk-Netzbetreibern bieten. Sie werden einen Ausblick geben auf die Zukunft der mobilen Kommunikation und des Entertainment mit ihren neuen Möglichkeiten, etwa mit Augmented oder Virtual Reality. Auf politischer Ebene dürfte auf den Keynotes und Diskussionsforen aber auch kontrovers debattiert werden. Hierzulande hatten die Vergaberegeln für neue 5G-Frequenzen zuletzt für viel Wirbel gesorgt. Die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica sind unter anderem gegen aus ihrer Sicht zu hohe Auflagen für die Flächenversorgung vor Gericht gezogen. [Renate Grimming]
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