Viele Medien finanzieren sich online durch Werbung, doch Adblocker machen ihnen zunehmend einen Strich durch die Rechnung. Auch auf den Medientagen München wurde die Frage nun diskutiert – und mehr Kreativität von Werbetreibenden gefordert.
Miriam Meckel, Chefredakteurin der „Wirtschaftswoche“, hat den Sinn der neuen Werbeblocker im Onlinemarkt infrage gestellt und gleichzeitig die Werbeindustrie zu deutlich mehr Kreativität aufgefordert. Adblocker, die die Werbebotschaften unterbinden sollen, seien nur deshalb so erfolgreich, weil die Menschen im Netz überschwemmt würden von schlecht gemachten Anzeigen.
„Nutzer sind immer stärker genervt von einem Werbe-Bombardement“, sagte Meckel am Mittwoch auf den Münchner Medientagen. Bereits jetzt nutzten 150 bis 200 Millionen Menschen Online-Werbeblocker. Die Verbraucher müssten unaufdringlicher, intelligenter und passgenauer angesprochen werden. Nur dann könne sich guter Journalismus im Netz auch durch Werbung finanzieren.
„Wir sollten nicht zulassen, dass unser Gehirn mit Massenware überflutet wird, sondern auf Qualität, auf individuelle Ansprache, auf schöpferische (…) Zerstörung setzen“, sagte Meckel. Ein gesetzliches Verbot von Adblockern sei keine Lösung. Ebenso wenig der Versuch, journalistische Angebote für Nutzer von Werbeblockern zu sperren.
Meckel brach eine Lanze für die klassischen Medien. „Wir brauchen sie auch künftig als Instanz, um die Finger in die Wunden zu legen“, sagte die Journalistin. Sonst würde jeder einzelne mit jedem einzelnen kommunizieren. Als einen der neuen Wege im Journalismus prophezeite sie die „anticipatory information“. Ähnlich wie große Internetversandhäuser die künftigen Bedürfnisse ihrer Kunden aufgrund des Kaufverhaltens kennen, werde auch die Nachrichtenwelt frühzeitig auf die Geschichte von morgen zusteuern müssen.
Durch die traditionell am Anfang stehende Eröffnungsdiskussion mit Medienschaffenden führte TV-Entertainer Thomas Gottschalk (65), der, wie er bekannte, auch mal Teil einer „medialen Disruption“, der schöpferischen Zerstörung, gewesen sei, weil er eigentlich habe Radio machen wollen und dann zum immer stärker werdenden Medium Fernsehen gewechselt sei. Er sei Nutznießer dieses Wandels gewesen – mit dem Unterschied, „dass junge medienschaffende Menschen heute schlaflos ins Bett“ gingen, weil sie nicht wüssten, wie es morgen weitergehe.
ProSiebenSat.1-Geschäftsführer Wolfgang Link sagte, dass der digitale Wandel in seinem Unternehmen angekommen sei. Die Zahl jüngerer Zuschauer sei zwar leicht rückläufig. Er glaube dennoch weiter an das lineare TV, sein Unternehmen produziere auch für neue Mitbewerber, die mit ihren Video-Plattformen auf dem Markt seien.
Auch Carsten Schmidt, Vorstandschef von Sky Deutschland, setze auf das TV, denn in einem Gespräch mit Studenten habe er gesehen, dass 80 bis 90 Prozent weiter den Fernseher nutzten.
Die Medienbranche im Ganzen kann sich derzeit über Wachstum nicht beklagen. Fernsehen, Internet und Radio überschreiten in Deutschland in diesem Jahr eine magische Umsatzgrenze. Ihre Erlöse aus Werbung und Bezahlinhalten summieren sich auf 10,2 Milliarden Euro – die Beitragseinnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht einbezogen, wie eine Befragung des Orivatverbands VPRT unter seinen Mitgliedern ergab.
Fernsehen spielt mit 4,4 Milliarden Euro (plus 2,5 Prozent) nach wie vor die führende Rolle spielt. Für Pay-TV prognostiziert der VPRT eine Zunahme von 8,3 Prozent, die Umsätze im Bereich der abonnierten Video-on-Demand-Dienste (SVoD) sollen sogar um rund 17 Prozent steigen. Insgesamt wird den Pay-TV- und den Video-on-Demand-Diensten ein Wachstum von 8,5 Prozent auf rund 2,4 Milliarden Euro vorausgesagt.
Die Umsätze aus Werbung und bezahlten Inhalten im Internet (nicht-mobil und mobil) nehmen laut VPRT um 2,4 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro zu. Leichtes Wachstum verzeichnet der Sektor Hörfunk, der auf 750 Millionen Euro nach 740 Millionen im Vorjahr taxiert wird. [dpa/fs]
Bildquelle:
- Technik_Web_Artikelbild: © Victoria - Fotolia.com