Touchscreens haben verändert, wie wir mit Computer-Technik kommunizieren. Doch das war erst der Anfang. Die Interaktion mit kleinen tragbaren Geräten soll noch natürlicher werden. Zwei verschiedene Konzepte dafür sind Computer-Brillen und Daten-Uhren.
Während Smartphones eine Branche nach der anderen umkrempeln, sucht die Tech-Industrie nach dem „nächsten großen Ding“. Eine der Visionen ist, dass Computer-Technik mit weiterem Schrumpfen in kleine Portionen verteilt am Körper getragen wird. 2014 könnte das erste Duell von zwei verschiedenen Visionen für solche „Wearable“-Computer bevorstehen: Computer-Brille gegen Daten-Uhr.
Google verteilte seine Brille Google Glass im vergangenen Frühjahr zunächst an rund 10 000 Test-Nutzer in den USA. Inzwischen könnten es nach der Ausweitung des Programms einige zehntausend mehr sein: Jeder der „Glass Explorer“ aus dem ersten Durchgang durfte bis zu drei Leute einladen und Ende November ging eine zweite Welle von Einladungen raus. Einen Termin für den breiten Verkaufsstart gibt es nicht. Den einzigen Hinweis gab bisher Verwaltungsratschef Eric Schmidt, der im Frühjahr 2013 sagte, die Markteinführung sei noch mindestens ein Jahr entfernt.
Google Glass hat eine Kamera im Gestell und einen kleinen Bildschirm vor dem rechten Auge. Auf ihm können Informationen aus dem Netz, Routen-Anweisungen, Fotos oder Video angezeigt werden. Die Brille hört aufs Wort und lässt sich über eine berührungsempfindliche Fläche auf dem rechten Bügel steuern. Google hofft, mit Glass eine neue, natürlichere Form der Interaktion mit Computer-Technik gefunden zu haben. Zum Beispiel kann man Videos aufnehmen, ohne ständig eine Kamera in der Hand zu halten. Zugleich löste die winzige Kamera im Gerät neue Sorgen um den Schutz der Privatsphäre aus. Und 2013 brachte auch den ersten Strafzettel fürs Autofahren mit Datenbrille.
Inzwischen wird bereits die zweite Test-Version von Google Glass verteilt. Unter anderem bekam sie einen Ohrhörer und die Möglichkeit, Brillengläser mit Dioptrien einzuklinken. Eine wichtige Frage für einen Marktstart dürfte der Preis werden: Bisher müssen die Probe-Nutzer 1500 Dollar hinblättern.
Im Gegensatz zur Google-Brille, die man zumindest in ihrer frühen Version ausprobieren kann, ist Apples Uhr bisher ein Phantom. Die Erwartung, dass sie überhaupt kommt, speist sich vor allem aus Hinweisen. So sagte Konzernchef Tim Cook, dass er Geräte am Handgelenk interessant finde. Apple sicherte sich in mehreren Ländern den Markennamen iWatch und richtet eine Fabrik für Sapphir-Glas in den USA ein. Der Konzern holte sich den Top-Manager des Mode-Labels Yves Saint-Laurent und laut Medienberichten auch einen der Väter von Nikes Fitness-Armband FuelBand. In Medienberichten hieß es, Apple arbeite unter Hochdruck an der Entwicklung, 2014 sei eine Markteinführung möglich. Oder auch erst 2015.
Für Tim Cook ist der Druck groß. Ungeduldige Anleger wollen knapp vier Jahre nach dem iPad endlich wieder den Vorstoß in eine neue Produktkategorie sehen. Und was auch immer kommt, es muss ein Volltreffer werden: Cook und sein Team werden an dem vor gut zwei Jahren verstorbenen Produkt-Visionär Steve Jobs gemessen werden. Dabei müssen bei der Gestaltung einer Computer-Uhr viele grundlegende Fragen beantwortet werden. Welche Funktionen lagert man an sie aus, welche bleiben beim Smartphone? Wie löst man die Bedienung auf dem Mini-Bildschirm? Sollte es eine Art Mini-Smartphone am Handgelenk sein oder eher ein erweitertes Fitness-Armband?
Es ist eine große Herausforderung. So preschte Samsung zwar im Herbst mit seiner Daten-Uhr Galaxy Gear, erntete jedoch in Fachmedien eher lauwarme Reaktionen. Software und Bedienkonzept wurden als unausgegoren kritisiert. Auch Sony, Motorola und Start-ups wie Pebble sind mit eigenen Uhren auf dem Markt, sie haben jedoch mit Einschränkungen beim Funktionsumfang zu kämpfen.
Marktforscher glauben, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis alle Teile des Smartwatch-Puzzles an ihre Stelle fallen. So prognostizierte Gartner-Analystin Annette Zimmermann jüngst, dass Computer-Uhren mindestens noch bis 2017 ein Zusatzgerät zu einem Smartphone sein würden. Ein anderer Marktforscher, Canalys, rechnet immerhin damit, dass 2014 bereits über fünf Millionen Daten-Uhren verkauft werden. Laut Medienberichten will Google das Feld Apple und Samsung nicht einfach so überlassen, sondern arbeitet neben Google Glass auch an einer eigenen Smartwatch.
Und falls Daten-Brillen und Computer-Uhren sich beide doch als Irrwege herausstellen sollten, gibt es noch das „Smartwig“ von Sony: Der japanische Elektronik-Riese ließ sich eine High-Tech-Perücke unter anderem mit GPS-Ortung und Kamera patentieren. [Andrej Sokolow]
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