Es war der erwartete Donnerschlag, der um knapp 20.00 Uhr Ortszeit aus dem LA Convention Center hinaus in die Welt hallte. Sony nahm bei der Vorstellung der PS4 kein Blatt vor den Mund, während Microsoft mit der Xbox One vor einem Scherbenhaufen steht.
Eigentlich sollte es sich bei den Pressekonferenzen der beiden Platzhirsche im Videogamebereich nur um Spiele drehen. Keine Frage: Was Microsoft für die Xbox One und Sony für die PS4 präsentierten, dürfte das stärkste Lineup darstellen, was es jemals zu einem Konsolenstart gab.
Doch fernab der Auswahl an hochkarätigen Spieleblockbustern und überraschenden Indiegames warteten die Weltpresse und Spielergemeinde auf Microsofts Worte der Wahrheit. Warum muss jede Xbox One zwingend mit dem Internet verbunden sein? Warum sind Spielediscs nicht mehr ohne Internetverbindung lauffähig? Warum kann man Spiele nicht einfach in Zahlung geben oder Freunden ausleihen? Warum muss die Kinect-Kamera mit der Xbox One verbunden werden? Warum ist die Xbox One nicht genauso umgänglich wie die Xbox 360?
Die Antwort von Microsoft: Schweigen. Kein Wort zum Thema Internetzwang, kein Wort zum Thema Kontobindung, kein Wort zum Thema Überwachungskamera. Am Ende der Pressekonferenz nur der knappe Hinweis, dass die Xbox One ab November erhältlich sein wird, zu einem stolzen Preis von 499 Euro.
Diese Steilvorlage wusste Sony auszunutzen und so war der Höhepunkt der abschließenden Pressekonferenz nicht etwa die Enthüllung der modern aussehenden Konsole, die mit 399 Euro günstiger als die Xbox One ausfällt, sondern Sonys einfache Botschaft: Genau wie bei der PS3 werden Spielediscs keine Internetanbindung erfordern, die PS4 keinen Internetzwang aufweisen und Spielediscs wie üblich von jeder Privatperson zum Verkauf angeboten werden können.
Dem nicht genug, veröffentlichte Sony ein Youtube-Video, in dem der Verleih von Spielen mit viel Ironie dargestellt wird. Schritt 1: Übergeben Sie die Spieldisc an einen Freund. Schritt 2: Fertig. Derlei offensive Schulterschlüsse mit der Gaming-Gemeinde dürften Microsofts Pläne, mit der Xbox One ein todsicheres lukratives Internetgeschäftsmodell zu etablieren, gehörig durcheinanderwirbeln.
Bereits seit Wochen bläst dem Xbox-Konzern scharfer Gegenwind ins Gesicht, bis auf Publisher Electronic Arts, der seinerseits durch das Sim-City-Internetdebakel und Internetgängelungen in die Kritik geraten war, ist die Liste der Microsoft-Verbündeten dünn besetzt.
Demgegenüber scheint Sony nach dem Playstation-Network-Desaster eine wichtige Lektion gelernt zu haben: Wer das Vertrauen der Konsumenten aufs Spiel setzt, setzt seine wirtschaftlichen Erfolge aufs Spiel. Für Microsoft scheint dieser Lernprozess erst begonnen zu haben und nach dem zweifach missglückten Versuch, die Xbox One der Spielergemeinde schmackhaft zu machen, steht fest: Dieser Lernprozess könnte Microsoft noch teuer zu stehen kommen, die Verbraucherschützer hierzulande sind jedenfalls schon alarmiert. [Christian Trozinski]
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