Produktbewertungen sind heute ein wichtiger Bestandteil von Onlinehändlern. Nun ist eine App zur Bewertung von Menschen geplant – doch Peeple sorgt schon im Vorfeld für Unmut.
Von einer Art „Yelp für Menschen“ war anfangs die Rede: So wie bislang Restaurants, Ärzte oder Geschäfte sollen über eine geplante App namens Peeple künftig Menschen bewertet werden können, wenn es nach den ersten Plänen der Macherinnen geht. Fünf Sterne für den Liebhaber und die hilfsbereite Nachbarin, zwei Sterne für den egoistischen Kollegen? Kommt am Ende ein Mittel zum Mobbing dabei heraus? Der Aufschrei war groß und der Shitstorm im Internet ließ nicht lange auf sich warten. Sogar Morddrohungen sollen die Gründerinnen Julia Cordray und Nicole McCullough erhalten haben.
Inzwischen rudert Cordray zurück. „In weniger als 24 Stunden bin ich von einer recht unbekannten 34 Jahre alten Unternehmerin aus Kanada zum Trendthema auf Facebook und Twitter geworden“, schreibt sie in ihrem Blog und beteuert, Peeple sei ausschließlich positiv und keine App „um anderen Menschen mitzuteilen, wie schrecklich sie sind“. Niemand werde gegen seinen Willen bewertet – das klang vor einigen Tagen noch anders.
Rückblick: In der vergangenen Woche hatte Cordray in einem Interview der „Washington Post“ ihre für November geplante App mit der Plattform Yelp verglichen. „Die Leute betreiben so viel Recherche, wenn sie ein Auto kaufen.“ Warum solle das nicht auch für andere Lebensbereiche gelten? Und ihre Partnerin McCullough erklärte, als zweifache Mutter wolle sie wissen, welcher Person sie ihre Kinder anvertraue.
Den ursprünglichen Plänen zufolge sollte jeder Nutzer einen Menschen, dessen Telefonnummer er hat, bewerten und mit ein bis fünf Sternen auszeichnen können. Weitere Voraussetzung: Man muss älter als 21 Jahre sein und eine Facebook-Seite haben. Zudem müsse man angeben, in welcher Beziehung man zu der bewerteten Person stehe: beruflich, persönlich oder romantisch.
Ein solches Feedback könne wirklich zum eigenen Vorteil genutzt werden, betonte Cordray. Die „Washington Post“ urteilte hingegen scharf: Das überraschendste an dem Projekt sei die Tatsache, „dass bislang niemand die Frechheit besessen hat, etwas derartiges zu entwickeln“. Der Protest war laut. Und auch Juristen schlugen Alarm. Menschen würden gegen ihren Willen bewertet, und das verletze das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung. Hierzulande scheint das Interesse ohnehin gering: Wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab, ist es für 79 Prozent der Deutschen eher oder sehr unwahrscheinlich, dass sie die Bewertungs-App in ihrer ursprünglich geplanten Version nutzen würden.
Cordray fühlt sich derweil missverstanden und bemüht sich auf ihrem Blog um Schadensbegrenzung. Der Vergleich mit Yelp sei ein Fehler gewesen – und überhaupt: Nur noch Beiträge, die die bewerteten Menschen freigeben, sollen auf der Plattform landen. „Wenn die Leute ihre Zustimmung geben, dann wäre die App in Deutschland diesbezüglich zulässig“, sagt der Mainzer Medienanwalt Karsten Gulden. „In der ursprünglichen Form war so eine Einwilligung aber nicht vorgesehen.“
„Wir wollen Positives und Freundlichkeit in die Welt bringen“, beteuert unterdessen Cordray. „Die häufigste Frage, die ich bekam, war: „Das muss ein Scherz sein?“, schreibt die 34-Jährige. Das Projekt sei real, aber nicht in der Art und Weise, wie es bislang präsentiert worden sei. Am 12. Oktober, so kündigten die beiden Frauen an, wollten sie sich noch einmal ausführlicher zu ihrem Projekt äußern.
Was auch immer die Intention von Peeple war oder ist – eine enorme Aufmerksamkeit ist den beiden sicher. Es sei schwer zu erkennen, ob das öffentliche Zurückrudern „nicht Teil einer gutgeplanten Strategie ist“, sagt Stephan Humer, Internetsoziologe von der Berliner Universität der Künste. „Ich bin da grundsätzlich immer skeptisch, weil ich weiß, dass solche Geschichten im Hintergrund immer gut geplant sind.“ Klar sei, dass die App eine vorhandene Nische besetze, „ob man das begrüßt oder nicht“. [Jenny Tobien/kw]
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