Nachdem Google und Apple schon auf dem Smartphone-Markt miteinander konkurrieren, setzt sich dieser Konkurrenzkampf nun bei dem vernetzten Zuhause fort. Während der iPhone-Konzern für das Smarthome auf eine eigene Plattform setzt, entwickelte Google ein eigenes Betriebssystem für vernetzte Haustechnik.
Das vernetzte Zuhause, in dem sich Haustechnik über das Internet steuern lässt und miteinander kommuniziert, ist keine Zukunftsvision mehr. Heizungsregler, Rauchmelder, Steckdosen, Glühbirnen, Waschmaschinen, Türschlösser – alles Mögliche wird mit einem Online-Zugang versehen. Anfang September wird die nächste Welle der Smarthome-Innovation auf der Elektronikmesse IFA in Berlin zu sehen sein.
Die IT-Marktforschungsfirma Gartner schätzt, dass aktuell 100 bis 200 Millionen Haushalte weltweit vernetzte Geräte haben. Zum Jahr 2020 sollen es 500 bis 700 Millionen sein. Das anstehende Geschäft lockt eine Menge verschiedener Player aus allen Richtungen an: Energieversorger, Telekom-Anbieter, neue Startups, etablierte Elektronik-Hersteller.
Eine zentrale Frage bleibt dabei, wie die einzelnen Geräte miteinander Daten austauschen. Im Moment gibt es einen Wildwuchs technischer Formate, der größtenteils über Software-Schnittstellen überwunden wird.
Dass Geräte eines Anbieters untereinander interagieren, ist selbstverständlich. Bei der inzwischen zu Google gehörenden Firma Nest etwa schaltet das vernetzte Thermostat die Heizung ab, wenn der hauseigene Rauchmelder Alarm schlägt. Wenn es über den eigenen Kontrollbereich hinausgeht, sollen Kooperationen helfen. So sieht eine Zusammenarbeit von Nest und Daimler vor, dass aus einem Mercedes von unterwegs die Temperatur zur Ankunft eingestellt werden kann.
Es gibt viele solcher punktueller Kooperationen. So sollen sich Geräte der Samsung-Tochter SmartThings bald mit Stimmbefehlen über Amazons vernetzten Lautsprecher Echo steuern lassen. Andere Anbieter setzen gleich auf weit geöffnete Schnittstellen, etwa Hersteller von vernetzten Glühbirnen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, die Lampen mit Online-Diensten zu verzahnen. Sie können dann zum Beispiel blinken oder die Farbe wechseln, wenn das Flugzeug eines Familienmitglieds landet oder man auf einem Facebook-Foto markiert wird. Oder das Licht geht aus, wenn das Fitnessband des Besitzers feststellt, dass er eingeschlafen ist.
Dieses Stückwerk aus Partnerschaften und vielen kleinen Verknüpfungen finden viele in der Branche jedoch nicht ausreichend, um das Geschäft schneller wachsen zu lassen. Die Idee sind Plattformen mit einem einheitlichen Standard, sodass ein Verbraucher sich sicher sein kann, dass Technik diverser Hersteller aus verschiedensten Kategorien miteinander zusammenarbeiten wird. Und die Kontrolle solcher Plattformen gilt als Schlüsselfaktor. Gartner-Analyst Paul O’Donovan sieht eine „Schlacht“ um den Zugang zum vernetzten Zuhause aufkommen.
Google, die treibende Kraft hinter dem meistgenutzten Smartphone-System Android, und der iPhone-Konzern Apple wollen ihre starke Position bei mobilen Geräten auf das Smarthome übertragen. Apple startete dafür die Plattform HomeKit, auf die Hersteller aufsetzen können, um ihre Geräte kompatibel zu machen. Aktuell umfasst das Angebot unter anderem Steckdosen, Thermostate, Lampen oder Sensoren für Fenster und Türen. Zugleich stelle Apple hohe Anforderungen an die Hardware, unter anderem was die abgesicherte Datenübermittlung betrifft, sagt ein Brancheninsider. Das schränke den Kreis der beteiligten Firmen ein, weil nicht alle entsprechende Kosten zu tragen bereit seien.
Google geht noch einen Schritt weiter. Der Internet-Konzern stellte Ende Mai ein eigenes Betriebssystem für vernetzte Haustechnik vor. „Brillo“ ist eine verschlankte Version von Android, die auch auf schlichter Technik laufen soll. „Brillo weitet die Android-Plattform auf alle vernetzten Geräte aus“, ist die Ansage. Als zweiten Baustein gibt es von Google das Kommunikationsprotokoll „Weave“ für den Datenaustausch zwischen den Geräten.
Gelingt es Google damit, die Android-Dominanz bei Smartphones auf das smarte Zuhause auszuweiten? Im Lager der klassischen Branchenplayer schlägt man Alarm. Jetzt stehe eine Grundsatz-Entscheidung an, warnt der Vorsitzende der europäischen Industrieinitiative EEBus, Peter Kellendonk. „Entweder die Kommunikations-Norm wird demokratisch entwickelt und allen Interessenten zur Verfügung gestellt oder faktisch durch einen Multi gesetzt. Dann heißt es für viele: friss oder stirb.“ Auch deutschen Mittelständlern drohe dann der Verlust ihrer Geschäftsmodelle.
So formiert sich eine breite Industriekoalition, die ihrerseits eine einheitliche Sprache für das smarte Zuhause entwickeln will. Bei EEBus sind etwa Bosch, Miele, die Deutsche Telekom, Vaillant, Eon oder EnBW dabei. Die Gruppe kooperiert mit europäischen Brancheninitiativen für smarte Energieversorgung und seit Frühjahr mit dem Open Interconnect Consortium OIC, das unter anderem Samsung, General Electric, Hewlett-Packard oder IBM an Bord hat. [Andrej Sokolow/kw]
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