
Die Geschäftspraktiken des Suchmaschinen-Riesen Google stehen seit Jahren in der Kritik. Nun fordert auch EU-Kommissar Günther Oettinger, der sich zuletzt gegen eine Zerschlagung von Google ausgesprochen hatte, ein schärferes Vorgehen gegenüber dem Konzern. Droht Google nun ein offizielles Wettbewerbsverfahren?
Die Geschäftspraxis des Suchmaschinen-Riesen Google steht seit Jahren in der Kritik. Der Vorwurf lautet unter anderem: Missbrauch seiner Monopol-Stellung. Auch von den Wettbewerbshütern der EU wird das Vorgehen des Konzerns seit Längerem kritisch beäugt. Nun hat Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitalwirtschaft, im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ ein schärferes Vorgehen gegenüber dem Konzern angekündigt: „Ich bin mir sicher, dass wir die Marktstellung und das Geschäftsmodell von Google kritischer als früher betrachten müssen.“
Streitobjekt ist dabei die Geschäftspraxis des Internetkonzerns, dessen Marktmacht in einigen EU-Ländern bei 90 Prozent liegt. Google wird dabei unter anderem bei der Ergebnisanzeige seiner Internet-Suche eine wettbewerbsfeindliche Praxis vorgeworfen. So soll der Internet-Riesen die Suchergebnisse eigener Dienste bei der Darstellung bevorzugen. Dieses Vorgehen hatte in zahlreichen EU-Ländern zu Beschwerden von Medienkonzernen und Konkurrenten geführt, woraufhin die nationalen Wettbewerbsbehörden die Problematik vor den europäischen Gerichtshof gebracht hatten.
Ende des letzten Jahres hatte das europäische Parlament eine Zerschlagung des Google-Konzerns und eine Trennung des Suchmaschinen-Geschäfts von den anderen Google-Diensten gefordert. EU-Kommissar Oettinger hatte sich damals jedoch gegen diese Pläne ausgesprochen und stattdessen für ein Vorgehen mit Maß und Ziel plädiert. Nun scheint er seine Meinung geändert zu haben. Schon seit einigen Wochen wurde darüber gemutmaßt, dass Brüssel ein offizielle Wettbewerbsverfahren gegen den Internet-Riesen eröffnen könnte.
Die Entscheidung über das weitere Vorgehen liegt jedoch nicht bei Oettinger: „Die für den Wettbewerb zuständige Kommissarin Margrethe Vestager wird entscheiden, welche Schritte sie gehen möchte“, sagte er dem Blatt. Die friedlichen Einigungsversuche von Vestagers Vorgänger Joaquín Almunia mit Google waren zuvor gescheitert, weil anderen Kommissaren Googles Zugeständnisse nicht ausreichten. Von Vestager, die den Fall seit ihrem Dienstantritt im November prüft, erhofft sich Oettinger eine baldige Entscheidung: „Ich denke, dass die Kollegin sehr bald zu einem Ergebnis kommen wird.“
Im Falle eines offiziellen Wettbewerbsverfahrens der EU könnte Google zu einer Strafe von über sechs Milliarden Euro verurteilt und von der EU zur Änderung diverser Geschäftspraktiken gezwungen werden. [kw]
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