Der Krieg der Zukunft wird nicht nur mit Waffen zu Land, Wasser und Luft geführt. Um für die Herausforderung durch Cyber-Angriffe gewappnet zu sein, wurde mit der Cyber-Armee eine neue Teilstreitkraft der Bundeswehr geschaffen.
Deutschland hat neben Heer, Marine und Luftwaffe eine völlig neue Teilstreitkraft: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die neue Cyber-Armee am Mittwoch mit einem feierlichen Appell in Bonn offiziell in den Dienst gestellt. Das Kommando Cyber- und Informationsraum stellt den sechsten militärischen Organisationsbereich der Bundeswehr dar. Dem ganzen Bereich sollen bis zum Juli 13 500 Soldaten und zivile Kräfte unterstellt werden. Die Bundeswehr bündelt dabei bereits vorhandene IT-Strukturen.
Die IT-Truppe soll nach Ansicht der Ministerin im Schlachtfeld Internet nicht nur Hackerangriffe abwehren, sondern auch zurückschlagen dürfen. „Wenn die Netze der Bundeswehr angegriffen werden, dann dürfen wir uns auch wehren“, sagte die CDU-Politikerin. „Sobald ein Angriff die Funktions- und Einsatzfähigkeit der Streitkräfte gefährdet, dürfen wir uns auch offensiv verteidigen.“
Bei Attacken auf andere staatliche Institutionen könne die Truppe immer im Rahmen der Amtshilfe tätig werden. Und in den Auslandseinsätzen sei die rechtliche Lage klar. „Hier bestimmen die Bundestagsmandate die Möglichkeiten und auch Grenzen – das gilt selbstverständlich auch für den Cyberraum.“
Die neue Einheit steht wie eine Art neue Teilstreitkraft auf einer Ebene mit Heer, Marine und Luftwaffe. Bis 2021 soll die Cyber-Truppe voll einsatzbereit sein. Generalleutnant Ludwig Leinhos wurde zum ersten Inspekteur der Cyber-Streitkraft ernannt. Er gilt als Experte für elektronische Kampfführung.
Für Ausgaben im IT-Bereich wie Funkgeräte, Hardware und Verträge mit Providern seien nach Angaben von der Leyens im aktuellen Haushaltsjahr 1,6 Milliarden Euro vorgesehen – plus jährlich eine knappe Milliarde für das Personal. Die Investitionen in dem Bereich müssten verstärkt werden. „Wir müssen aufholen, was bisher versäumt wurde“, sagte von der Leyen. Auch müsse die Bundeswehr um IT-Fachkräfte kämpfen. „Wir müssen richtig Gas geben, um die klügsten Köpfe zu bekommen und um sie zu halten.“ In München werde etwa ein Studiengang mit 13 Professuren geschaffen.
Täglich würden die Netze und Waffensysteme der Bundeswehr tausendfach angegriffen, sagte von der Leyen. „Es geht von der einfachen Spionage, Datenklau über Zerstören bis zum Manipulieren und Beeinflussen.“ Cyber-Angriffe auf Staaten und deren kritische Infrastrukturen seien längst keine Fiktion mehr. „Sie sind bittere Realität.“ Die Bundeswehr stelle sich mit der neuen IT-Truppe damit international im Spitzenfeld auf. Nur wenige Staaten wie die USA und Israel hätten ihre Kräfte vergleichbar gebündelt.
Die Cyber-Soldaten sollen die Netze und Waffensysteme der Bundeswehr schützen, aber auch zu Angriffen in der Lage sein. Die Bundeswehr übt bereits seit vielen Jahren Cyber-Attacken in einer kleinen, geheim agierenden Einheit in Rheinbach bei Bonn. Diese Einheit soll aufgestockt werden.
Die Opposition kritisiert die Fähigkeiten zum offensiven Cyberkrieg. Denn das Eindringen ins Datennetz eines Gegners müsste – wie Einsätze mit Jets, Schiffen und Panzern auch – vom Bundestag genehmigt werden. „Hier werden Bedrohungsszenarien kreiert, die meiner Meinung nach nicht real sind“, kritisiert der Parteivorsitzende der Linken, Bernd Riexinger. „Cyber-Sicherheit ist für die Bundesregierung gleichbedeutend mit mehr Militarisierung, im Übrigen in einem nahezu rechtsfreien Raum, denn wie soll da in Zukunft das Parlament rechtzeitig eingebunden werden?“
„Die Rüstungsspirale wird damit auf eine neue Ebene gehoben“, kritisiert Alexander Neu, Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss. Das neue Kommando agiere im nahezu rechtsfreien Raum. „Da es sich hierbei nicht um herkömmliche militärische Angriffe mit konventionellen Waffen, sondern um virtuelle Attacken auf die gegnerischen Datennetze handelt, ist derzeit nicht klar, wie die parlamentarische Kontrolle durch den Bundestag umgesetzt werden kann und soll.“[dpa/buhl]
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