Smarte Computeruhren haben offenbar das Potenzial, zum neuen Trend in der Elektronikbranche aufzusteigen. Auf der diesjährigen CES haben bereits viele Anbieter ihre Modelle vorgeführt. Doch dabei wurde schnell klar: Die Daten-Uhren müssen noch viele Hürden nehmen.
Computer-Uhren können sich durchaus einen festen Platz im Alltag sichern, beweist die Elektronik-Messe CES in Las Vegas, auf der etliche Modelle und Konzepte zu sehen sind. Doch im Moment tasten sich ihre Entwickler noch mühsam zur richtigen Umsetzung vor und kämpfen mit technischen Einschränkungen. Damit stehen für Apple noch alle Türen offen, mit einer seit Monaten kolportierten iWatch den noch jungen Markt aufzumischen. Jedenfalls wenn der iPhone-Konzern mit den Funktionen ins Schwarze trifft und – laut Medienberichten – auch technische Probleme überwindet.
Das Szenario, in dem eine Smartwatch im Alltag nützlich sein kann, wird ziemlich schnell klar: Alle Fälle, in denen sie den Griff zum Smartphone ersparen kann. Der Wechsel eines Albums in der Musik-App, die schnelle Erinnerung an einen Termin, der Hinweis auf eine neue Nachricht. Die meisten Geräte werden dafür per Bluetooth-Funk an das Smartphone gekoppelt.
Und hier fangen schon die Probleme an. „Sie haben Zugriff auf ihre Musik, E-Mails und Nachrichten“, lautet der Standard-Spruch an den CES-Ständen aller Anbieter. Die meisten Modelle haben dafür kleine App-Symbole im Bildschirm. Aber die technische Umsetzung setzt den Visionen Grenzen.
Beispiel Musik: Man würde sich wahrscheinlich die Smartwatch als eine Art Fernbedienung für den Musikplayer im Smartphone wünschen – doch genau das ist oft nicht möglich. So räumt eine Mitarbeiterin des Schweizer Anbieters MyKronoz typischerweise ein, dass die Musik stattdessen aus den Lautsprechern der Uhr kommen würde. Ähnlich ist es bei Anrufen: Die mit einem Smartphone verbundene Uhr zeigt ein eingehendes Telefonat im Display an – auch das Gespräch führen muss man dann aber über das Gerät am Handgelenk und nicht etwa über ein Headset im Ohr.
Die Firma Neptune wagt mit ihrem Modell Pine eine radikale Lösung für solche Einschränkungen. Sie hat gleich ein komplettes Android-Smartphone ans Handgelenk gepackt. Das hat seinen Preis: Die Telefon-Uhr ist 6,6 mal 5,3 Zentimeter groß und 1,4 Zentimeter dick. Es wirkt als würde man einen der alten Pager am Handgelenk tragen. Dafür ist das Gerät leichter als man angesichts der klobigen Form erwartet hätte: 61 Gramm für die Pine, 35 für das Armband. Die in Las Vegas gezeigte erste Version kommt im März auf den Markt, die zweite solle kleiner werden, verspricht Neptune. Mit dem Tempo, in dem die Bauteile schrumpfen, könnte auch die Pine schnell kompakter werden.
Ein grundsätzliches Problem des Konzepts ist aber: Das Display dürfte mit 2,4 Zoll (6 cm) zu klein sein, um ein Smartphone im Alltag ganz zu ersetzen – gerade da der Trend zu immer größeren Handy-Bildschirmen geht. Und die Lage am Handgelenk lässt keinen Platz für ein große Batterie. Laut Hersteller saugen zehn Stunden Musikhören oder sieben Stunden surfen im Internet via WLAN die Pine komplett leer. Und im Alltag zehren auch noch wackelige Datennetz-Verbindungen oder GPS-Anwendungen an der Batterie.
Der aus Hongkong stammende Anbieter Burg, der ebenfalls auf Uhren mit integriertem Telefon setzt, hat deswegen die Funktionen eingeengt. Selbst beim Top-Modell ist das Display in der Mitte des großen Zifferblatts klein. Aber dafür werde man von überall Videotelefonate machen können. Die Firma Filip schränkt dagegen gleich den Einsatzbereich ihres Geräts ein: eine bunte Plastik-Uhr für Kinder. Sie können damit mit ihren Eltern telefonieren und diese sehen auf einer Smartphone-App, wo sich ihr Zögling gerade aufhält.
Einige Verfechter der Datenuhr als Smartphone-Zusatz setzen zum Stromsparen beim Bildschirm an. Sonostar aus Taiwan baut ein schwarz-weißes E-Paper-Display ein. Dadurch soll die Uhr eine Woche lang laufen, ohne aufgeladen werden zu müssen. Golfer scheinen eine besondere Zielgruppe der Branche zu sein: Eine der Apps zeigt dank GPS die Entfernung zum nächsten Loch auf erfassten Kursen an. Die Qualcomm Toq hat einen farbigen E-Ink-Display mit der „Mirasol“-Technologie, die ursprünglich für E-Book-Reader entwickelt wurde. Das soll eine Batterielaufzeit von zwei Tagen sichern.
Samsung brachte nach Las Vegas seine bereits auf der IFA in Berlin präsentierte Galaxy Gear mit, die allerdings durchweg schlechte Noten in den Testberichten bekam. Mit der nächsten Version wird im Herbst gerechnet. Und Pebble, einer der Pioniere in dem jungen Markt, zeigt die aufgepeppte neue Version Steel mit Aluminium-Gehäuse und startete einen App-Store für das Gerät. Allerdings kann Pebble derzeit wegen fehlender Zertifikate für die Funkmodule seine Produkte nicht nach Deutschland liefern, weil die Zollbehörden die Uhren nicht freigeben. [Andrej Sokolow/fm]
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