Im Streit um die „Tagesschau“-App konnten sich die Verlage gegen die ARD durchsetzen. Über die Konsequenzen, die sich aus dem Urteil zu dem Smart Device der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt ergeben, herrscht noch Unklarheit.
Der jahrelange Rechtsstreit um die „Tagesschau“-App ist mit einer Entscheidung zugunsten der Zeitungsverlage und gegen die ARD vorerst zu Ende gegangen. Die „Tagesschau“-App, so wie sie am Beispieltag 15. Juni 2011 abrufbar gewesen sei, sei presseähnlich und damit unzulässig, urteilte am Freitag das Oberlandesgericht Köln. Es verbot den ARD-Sendern, die App in dieser Form zu verbreiten. Damit hatte die Klage von elf Zeitungsverlagen weitgehend Erfolg. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Das Urteil bezieht sich nur auf den einen Tag im Juni 2011, es hat also keine unmittelbaren Folgen. Die Zeitungsverlage forderten nach der Verkündung jedoch eine nachhaltige Verringerung des Textangebots auf den Nachrichten-Seiten der öffentlich-rechtlichen Sender im Internet. Geschehe das nicht, werde man weitere Schritte unternehmen. Der Rundfunkstaatsvertrag schreibt vor, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender zwar im Internet präsent sein darf, presseähnliche Angebote sind aber nicht erlaubt, und die Online-Inhalte müssen sich auf Radio- und Fernsehsendungen beziehen.
NDR-Justiziar Michael Kühn betonte, das Kölner Urteil habe auf „tagesschau.de“ und die darauf basierende „Tagesschau“-App keinen unmittelbaren Einfluss, da es in dem Verfahren nur um einen Tag aus dem Jahr 2011 gegangen sei. Seit damals habe sich das Erscheinungsbild von „tagesschau.de“ erheblich geändert. So sei das Video- und Audio-Angebot deutlich verstärkt worden.
Die Zeitungsverlage sehen das ganz anders. Ihrer Meinung nach sind die bisherigen Anpassungen noch lange nicht ausreichend. Die Bedeutung des Urteils reiche weit über die Ausgabe vom 15. Juni 2011 hinaus, betonte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff. „Mit neuen Nachrichten-Apps wie „RBB24“, „BR24“ oder „ARDText“ haben die Landesrundfunkanstalten ihr Textangebot im Internet in einer Weise ausgeweitet, die mit der heutigen Entscheidung des OLG Köln unvereinbar ist“, kritisierte er.
Im Vordergrund dieser Angebote stünden umfangreiche presseähnliche Textbeiträge ohne Sendungsbezug, die nicht nur gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstießen, sondern einen gezielten Angriff auf die Vielfalt der Presselandschaft darstellen. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nun in der Pflicht, sein Textangebot im Internet nachhaltig zurückzufahren“, forderte Wolff. Sonst seien weitere Schritte unumgänglich.
Das Urteil vom Freitag ist der vorläufige Schlusspunkt in einem jahrelangen Rechtsstreit. Zuletzt hatte der Bundesgerichtshof den Fall wieder an das Oberlandesgericht in Köln zurückverwiesen. Dabei hatte das oberste Gericht definiert, ein Angebot sei dann als presseähnlich zu betrachten, „wenn der Text deutlich im Vordergrund steht“.
Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht, Hubertus Nolte, betonte am Freitag, es komme vor allem darauf an, dass die Texte einen Bezug zu einer bestimmten Sendung hätten. „Solange die Beiträge sendungsbezogen sind, hat die Beklagte (die ARD) alle Freiheiten und kann Texte ohne Ende verbreiten“, sagte er. Im vergangenen Monat hatte er in einer Verhandlung gesagt: „Es ist sicher schon viel zu gewinnen, wenn der Sendungsbezug klarer herausgestellt wird.“ [dpa/kw]
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