
Leipzig – In der Diskussion um den Einsatz proprietärer Systeme in den Kabelnetzen haben wir auch den Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber ANGA befragt.
Im Gespräch mit DIGITAL FERNSEHEN stellt Dr. Ralf Heublein, Geschäftsführer von ANGA, Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e.V., die Position des Verbandes dar und äußert sich auch zu den möglichen Konsequenzen für die Endkunden.
DIGITAL FERNSEHEN: Auf Grund der unterschiedlichen Verschlüsselungssysteme im Kabel kann die Box des Betreibers A nicht bei Betreiber B eingesetzt werden. Wie beurteilt die ANGA diese Situation?
Dr. Ralf Heublein: Soweit das der Fall ist, schafft dies für die meisten Endkunden heute keineProbleme, da Ihnen im Rahmen der Kabelanschluss- oder Aboverträge vom jeweiligen Kabelnetzbetreiber die passenden Set-Top-Boxen kostenfrei oder stark subventioniert zur Verfügung gestellt werden. Der Kunde hat dann die Sicherheit, dass er mit dieser Box auch alle Dienste die der Kabelnetzbetreiber anbietet, empfangen kann. Bei einem Umzug bekommt er dann in der Regel eine neue Box.
DF: Gleiches Ungemach droht den Verbrauchern, wenn im Kabel verschiedene Middleware-Lösungen eingesetzt werden sollten. Hier geht es dann nicht mehr nur um einfache Set-Top-Boxen sondern z. B. um PVR-Geräte, die den Kunden entsprechendes Geld kosten. Gibt es von Seiten der ANGA Bestrebungen, eine ähnliche Inkompatibilität, wie sie durch die verschiedenen Verschlüsselungssysteme besteht, zu verhindern?
Heublein: Es gibt derzeit nur zwei mögliche Wege, solche Inkompatibilitäten zu verhindern. Entweder einigt sich der Markt auf eine einheitliche Middleware oder die Inhalteanbieter bereiten mittels am Markt verfügbarer Redaktionssysteme ihre Anwendungen für die wenigen im Markt verwendeten Plattformen auf. Letzteres ist aus unserer Sicht die vorzugswürdige Lösung, da diese Kosten deutlich geringer sind, als wenn sich die verschiedenen Anbieter solcher Systeme auf ein einheitliches System einigen und damit zum Teil bereits getätigte erhebliche Investitionen in Frage stellen. Diese Lösung würde es den Inhalteanbietern dann auch erlauben, verschiedene Plattformen über Satellit und DSL zu bedienen. Aus Kundensicht stellt sich im Kabel dieses Problem nicht, da auch hier die Kabelnetzbetreiber häufig entsprechende Geräte zu sehr günstigen Konditionen oder zur Miete zur Verfügung stellen, so dass der Kunde keinen finanziellen Nachteil erleidet.
DF: Führt die ANGA mit dem Bundeswirtschaftsministerium Gespräche, um eine einvernehmliche Lösung in Sachen Middlware im Sinne des Verbrauchers zu finden?
Heublein: Das BMWi hat eine Studie zum Thema „Sicherung der Interoperabilität“ und möglicher Konsequenzen durchgeführt. Hier hat die ANGA an einem Workshop teilgenommen und wir werden die weiteren Ergebnisse der Studie abwarten.
DF: Welche Vor- und Nachteile haben die Middleware-Lösungen Mediahighway, OpenTV und MHP?
Heublein: Solche Fragen müssen die Mitgliedsunternehmen für sich beantworten. Der ANGA als Verband steht es nicht zu, hier Bewertungen oder Empfehlungen abzugeben, die einzelne Lösungen vom Markt ausschließen würden.
DF: Welche Vorteile bietet eine Middleware für den Kunden?
Heublein: Erst durch mehr Intelligenz im Endgerät sind komfortable Anwendungen, wie ein besserer elektronischer Programmführer mit weitergehenden Funktionalitäten möglich. Solche Anwendungen verbessern das Kundenerlebnis und fördern damit die Digitalisierung.
DF: Welche Auswirkungen hat die Wahl eines Netzebene-3-Betreibers für eine Middleware auf die Netzebene-4-Betreiber, die er versorgt?
Heublein: Dies ist dann die Middleware, die als Lösung zur Verfügung steht. Über die Konditionen der Vermarktung der Dienste und Services, die über diese Middleware ermöglicht werden, müssen sich die Betreiber der Netzebenen wie in allen anderen Fällen auch, dann vertraglich einigen.
DF: Herr Dr. Heublein, vielen Dank für das Gespräch. [mth]
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