Das Geschäft mit Smartphones floriert. Mit den steigenden Nutzerzahlen drängen immer mehr Hersteller mit neuen Modelle auf den Markt – und diese siedeln sich immer häufiger im günstigeren Preissegment an.
2013 verspricht, zum Jahr der günstigen Smartphones zu werden – und das verschiebt die Gewichte in der Mobilfunk-Industrie. Beim Mobile World Congress in Barcelona sind Geräte allgegenwärtig, die weniger als 200 Euro kosten. Geräte mit dem neuen Firefox-Betriebssystem des Browser-Spezialisten Mozilla sollen sogar angeblich für nur 100 Euro zu haben sein. Die neuen Preislagen werden nicht nur das Geschäft der Handy-Hersteller verändern, sondern auch Milliarden neuer Nutzer ins mobile Internet bringen.
Derzeit sei mit einem Anteil von 17 Prozent nicht einmal jeder Fünfte Handy-Nutzer mit einem Smartphone unterwegs, betonte Telefónica-Chef César Alierta in Barcelona. Das Gefälle zwischen Arm und Reich ist dabei extrem: In Westeuropa etwa ist jedes dritte Mobiltelefon ein Smartphone, in Schwellenländern liegt der Anteil bei nur sechs Prozent.
Das wird sich aber sehr schnell ändern: Nach Branchenprognosen wird schon 2015 ein Drittel der weltweiten Bevölkerung ein internettaugliches Computertelefon nutzen. Das bedeutet auch, das Wachstum wird vor allem in Regionen wie China, Lateinamerika oder Afrika kommen. In Südamerika zum Beispiel dürfte sich der Smartphone-Anteil von derzeit 14 Prozent verdreifachen. Und beim größten chinesischen Netzbetreiber China Mobile hat sich schon im vergangenen Jahr der Datenverkehr fast verdreifacht. In diesen Märkten sind Geräte, die nicht umgerechnet mehrere hundert Euro kosten, besonders erfolgreich.
Deshalb kommen die ersten super-günstigen Firefox-Smartphones auch in Lateinamerika auf den Markt. Dank des Mozilla-Systems sind die Hardware-Anforderungen nicht besonders hoch. Daher liegen die Kosten entsprechend niedrig. Nokia nennt als ersten Ziel-Markt für die neuen günstigen Smartphones der Lumia-Reihe zunächst einmal das von Europa weit entfernte Asien. Allerdings hat der finnische Handy-Riese trotzdem auch schon deutsche Preise für die Geräte parat. Das günstigste Modell Lumia 520 soll auch mit allen Abgaben 199 Euro kosten. Im Vergleich dazu: Für das günstigste iPhone verlangt Apple 399 Euro, das Spitzenmodell iPhone 5 ist ab 679 Euro zu haben.
Heißt das nun, dass auch ein Anbieter wie Apple zwangsläufig die Preise senken muss? Der Druck steige zumindest, sagt Nikolaus Mohr von der Unternehmensberatung Accenture. „Der Vorsprung, den ein Anbieter wie Apple noch vor einem Jahr aufgrund der Innovationen hatte, ist weg.“ Und die Loyalität der Kunden zu einzelnen Marken sei sehr begrenzt – aber „mit Ausnahme von Apple“, schränkt Mohr zugleich ein. Und auch Gartner-Analystin Annette Zimmermann sieht den iPhone-Konzern in einer eigenen Liga. „Wenn Apple wirklich – wie spekuliert wird – ein günstigeres Smartphone herausbringt, werden sie es bestimmt mit neuen Diensten oder Angeboten verknüpfen, die ihnen neue Umsätze garantieren“, vermutet sie. „Sie haben immer noch die besten Margen – und warum sollten die sich selber kaputtmachen?“
Außerdem haben die Verbraucher schließlich auch in Zeiten der Wirtschaftskrise bewiesen, dass die gerne Geld für mobile Kommunikation ausgeben. „Ich habe vorhergesagt, dass sie lieber auf Alkohol, Zigaretten, Sex und Schokolade verzichten werden“, erinnerte sich in Barcelona Vodafone-Chef Vittorio Colao. Und tatsächlich sei der negative Effekt durch die schlechte Wirtschaftslage begrenzt geblieben.
Die neuen Anbieter wie Huawei, die sich ihre neue starke Marktposition mit „Brot-und-Butter“-Smartphones erkämpft haben, erheben in Barcelona Anspruch eine starke Rolle in der teuren Oberklasse. Der Kontrast zu früher ist unübersehbar: Vor wenigen Jahren noch hausten Huawei und ZTE beim Mobile World Congress in Containern oder Messezelten. Jetzt haben sie auf dem neuen Messegelände riesige Stände neben Traditionshäusern wie Samsung oder Nokia. [Andrej Sokolow/fm]
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