Wie die Technik die Autobranche revolutioniert

26
31
Bild: © lassedesignen - Fotolia.com
Bild: © lassedesignen - Fotolia.com

Selbstfahrende Autos und ihre Vernetzung sind schon länger ein Thema, doch 2016 werde ein resolutionäres Jahr für die Autoindustrie, so eine Prognose von der CES. Doch die Entwicklung wird nicht jeder überleben.

In den nächsten fünf Jahren werde sich die Autoindustrie mehr verändern als in den vergangenen fünfzig – das sagt ein Top-Manager des amerikanischen Branchenriesen General Motors. Und er wird sich über das Gewicht dieser Worte voll im Klaren sein. Dan Ammann, der für die Opel-Mutter das weltweite Geschäft führt, macht auch klar, woher der Wind weht: Manche Kunden wollten kein Auto mehr besitzen, sondern nur bei Bedarf eines nutzen.
 
GM gab zur Technik-Messe CES in Las Vegas dagegen einen Deal bekannt, der später vielleicht als ein Meilenstein der Autogeschichte gelten wird. Wenn so ein Schwergewicht 500 Millionen Dollar in einen Fahrdienst steckt und mit ihm eine Flotte selbstfahrender Taxi aufbauen will, hallt das in der gesamten Branche nach.

„Das zeigt, dass die Autoindustrie verstanden hat, dass sich das Geschäftsmodell ändern wird“, sagt zu dem Deal zwischen GM und dem Uber-Rivalen Lyft der Autoexperte des IT-Marktforschers Gartner, Thilo Koslowski. Es werde noch mehr solcher Ankündigungen geben, betonte der Analyst auf der Technik-Messe CES in Las Vegas.
 
Die Autofirmen seien dabei, sich ein Portfolio aus verschiedenen Optionen aufzubauen – weil niemand wisse, was genau passieren werde. Brechen durch weniger Autokäufe Erlöse weg, geht es ans Eingemachte: „Das wird einigen das Genick brechen in der Autoindustrie“, ist sich der im Silicon Valley lebende Koslowski sicher.
 
Auslöser für den Umbruch sind selbstfahrende Autos und die Vernetzung, mit der neue Mobilitätsdienste möglich werden. GM gehe davon aus, dass Roboterwagen am Anfang nicht zum Kauf, sondern in solchen Diensten wie Lyft auf Abruf angeboten werden, sagt Manager Ammann. Zugleich erwarte er für GM keine erheblichen Einbußen, weil der Konzern in den USA den Großteil seiner Fahrzeuge außerhalb der Städte verkaufe, zum Beispiel als Pickups. Bei europäischen Herstellern würde diese Rechnung anders aussehen.
 
2016 werde ein „revolutionäres Jahr“ für die Autoindustrie, sagt auch Ford-Chef Mark Fields in Las Vegas. Eine Kooperation mit Google bei selbstfahrenden Autos, über die zuvor spekuliert worden war, gibt er dann aber doch nicht bekannt. Neue Partnerschaften seien aber in Arbeit, lässt er die Tür offen.
 
Auf der CES wird deutlich, dass in Vorbereitung auf die Zukunft jeder alles Mögliche ausprobiert. Volvo bereitet schon mal alles dafür vor, den Passagieren in einem selbstfahrenden Auto Filme und Serien des Streaming-Dienstes Netflix zu zeigen. Damit die Videos aus dem Netz auch ankommen, kooperiert der Autobauer mit dem ebenfalls in Schweden beheimateten Netzwerk-Ausrüster Ericsson. Die Länge des Videoprogramms soll an die Fahrtdauer angepasst werden.
 
Microsoft will das Auto nicht Google und Apple überlassen und bietet unter anderem Zugang zu Sprachbefehlen an sowie die Möglichkeit, die Bürosoftware Office 365 direkt in den Infotainment-Systemen des Audiospezialisten Harman zu nutzen.
 
Ford lässt seinen populären Pickup-Truck F-150 per Software mit Drohnen verbinden. Die Idee ist, dass Landwirte, Bauarbeiter, Brücken-Inspektoren oder Krisenhelfer die Fluggeräte direkt über den Bildschirm im Cockpit steuern können. Außerdem bahnt sich eine Partnerschaft mit dem Online-Händler Amazon an. Ford testet die Integration mit Amazons Smarthome-Assistenten Alexa. Über die Verbindung könnten zum Beispiel per Sprachbefehl aus dem Auto heraus Hausgeräte eingeschaltet oder Garagentore geöffnet werden.
 
„Beide Welten haben verstanden, dass sie sich aufeinander zubewegen müssen, weil keiner dieses Ökosystem allein beherrschen kann“, sagt Autoexperte Axel Schmidt von der Unternehmensberatung Accenture. Die entscheidende Frage sei heute nicht mehr, ob man Google und Apple ins Auto hereinlasse, sondern auf welcher Plattform. „Wenn die Hersteller sich darauf beschränken, nur die Fahrzeug-Funktionen zu behalten, dann wird die ganze Service-Welt an ihnen vorbeiziehen.“
 
Dass nicht nur Apple oder Google den Platzhirschen gefährlich werden könnten, zeigt bei der CES der Neuling Faraday Future. In 18 Monaten schraubte die von einem chinesischen Milliardär finanzierte Firma einen Super-Sportwagen mit Elektroantrieb zusammen. „Man braucht keine 100-jährige Tradition, um zu definieren, wie die nächste Generation der Mobilität aussieht“, gab sich Top-Manager Nick Sampson auch noch betont forsch bei der Präsentation in Las Vegas.
 
Die größte Veränderung sei aber psychologischer Natur, sagt der Gartner-Experte Koslowski. Sind die Menschen zum Beispiel bereit, immer nach den Geschwindigkeitsbegrenzungen zu fahren? „Denn das selbstfahrende Auto wird immer alle Regeln befolgen. Die Wahrnehmung des Autos wird nicht mehr die selbe sein.“ Zum Beispiel dieses Gefühl der Freiheit, das so lange zum Mythos Auto gehörte. Insbesondere Autohersteller, die das Fahrerlebnis in den Vordergrund stellen, müssten sich dann neu erfinden. „Das heißt nicht, dass dann alles vorbei ist, aber die Dinge werden sich ändern.“ [Andrej Sokolow/fs]

Bildquelle:

  • Technik_Video_Artikelbild: Technik_Video_Artikelbild.jpg: © lassedesignen - Fotolia.com
26 Kommentare im Forum
  1. Damit hätten wir die Revolution, die einmal im Quartal verkündet werden muss, fürs erste Quartal schon geschafft. Strotti
  2. Naja, bis sich selbstfahrende Autos durchsetzen, wenn überhaupt wird es noch ein langer Weg sein. Derzeit tut sich ja noch nichtmal bei Antrieben wirklich was.
  3. Ich möchte nicht mit 130 Sachen über Deutschlands Autobahnen fahren, gesteuert von einen Haufen Elektronik, und als Todesursache steht dann dort " Fehler des Bordcomputer".
Alle Kommentare 26 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum