Die Nutzer wollen, dass die klassischen Set-Top-Boxen aus den Wohnzimmern verschwinden. Diese These vertrat auf den Medientagen der Medienexperte Bertram Gugel. Doch ist das wirklich so? Wie lassen sich dann die Erfolge von Chromecast, Fire TV und zahlreichen anderen Geräten erklären?
Die Set-Top-Boxen werden verschwinden und auch aktuelle Produkte wie TV-Sticks und Mini-Boxen a la Apple TV und Fire TV sind lediglich Zwischenlösungen auf dem Weg in eine Zukunft, in welcher alle Streaming-Funktionen nur noch Software-basiert und direkt in den Fernseher integriert sind. Mit dieser These im Hinterkopf skizzierte Betram Gugel, Geschäftsführer von Gugel Productions, in seinem Vortrag auf den Medientagen München die Entwicklung der Streaming-Devices.
Etwas aus dem Blick ließ Gugel dabei in seinem Vortrag allerdings, dass ebendiese Entwicklung mit den Smart TVs schon längst im Gange ist und das sich Chromecast und Fire TV auf dem Markt etablieren konnten, obwohl der Smart TV längst kein Nischenprodukt mehr ist. Auch die wachsende Verbreitung Streaming-fähiger AV-Receiver und Linux-basierter Smart-TV-Boxen als Allround-Mediencomputer wurde in dem Vortrag nicht angeschnitten.
Die tatsächliche Entwicklung scheint also eher dahin zu gehen, dass immer mehr Geräte aller Art zu Streaming-Devices avancieren, ohne dass eine Geräteklasse dabei eine andere vollständig verdrängen würde. Vielmehr entsteht eine Vielfalt verschiedener Lösungen für verschiedene Ansprüche. Die Software wird dabei trotzdem immer wichtiger, denn schließlich entscheidet sie maßgeblich mit darüber, welchen Funktionsumfang einzelne Fernseher, Boxen, TV-Sticks oder Smartphones tatsächlich haben und wie flexibel diese einsetzbar sind.
Zum Stolperstein werden dabei nach wie vor die vielen geschlossenen Ökosysteme, die dafür sorgen, dass es die eine optimale Softwarelösung nicht gibt. So ist Amazons Fire TV nicht nur ein Produkt, welches von Nutzern gekauft wird, die noch keinen Smart TV zu Hause haben, sondern für viele auch eine Smart-TV-Lösung, die so manches flexibler löst als die ein oder andere Softwarelösung der TV-Hersteller. Und auch in Zukunft werden viele Verbraucher beim Kauf eines Fernsehers vermutlich zuerst auf die Bildqualität schauen und nicht auf das integrierte Streaming-Potential des Gerätes. Letzteres lässt sich nämlich per Set-Top-Box oder TV-Stick extern nachrüsten, nachträglich ein besseres Display zu installieren, dürfte jedoch schwer fallen.
Smart TV im Allgemeinen und Streaming im Speziellen – das sind bei den meisten Herstellern von TV-Geräten immer noch Insellösungen. Verlässt sich der Kunde tatsächlich allein auf das, was er in einem einzigen Gerät geboten bekommt, so entgeht ihm ein Großteil der Möglichkeiten. Dabei wäre es zumindest technisch längst möglich, alles aus einer Hand anzubieten. Schon deshalb kann es nicht im Sinne vieler Konsumenten sein, dass Set-Top-Boxen, TV-Sticks und andere Lösungen wirklich verschwinden – zumindest so lange nicht, bis die neuen Lösungen wirklich überzeugen können. [Kommentar von Patrick Schulze, Redakteur]
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