Die Entscheidung großer TV-Hersteller, sämtliche UHD-Fernseher fit für das neue HDR-Format zu machen, könnte sich zum Bumerang entwickeln, denn die UHD-Allianz plant die Einführung von Bildqualität-Logos.
Hinter der UHD-Allianz stecken solche Größen wie Dolby, LG, Netflix, Panasonic, Samsung, Sharp, Sony, Technicolor, Walt Disney, 20th Century Fox und Warner. Das Ziel dieser Gruppe: Verpflichtende Standards zu setzen, um die (Bild)-Qualität der neuen Ultra-HD-Technologien und -Inhalte herauszustellen. Dabei sieht die Allianz Ultra HD als Premiumtechnologie (insbesondere im HDR-Zeitalter), die sowohl aufseiten der Quelle (Filme, Serien) als auch aufseiten der Wiedergabe (TV, Projektor) bestmögliche Standards erfordert. Die Aussage von Samsung und Sony, sämtliche 2015er-UHD-TVs per Softwareupdate fit für die UHD-HDR-Wiedergabe machen zu wollen, mag im Sinne der Marktverbreitung richtig gewesen sein, doch für die UHD-Allianz ist diese Entscheidung falsch. Stattdessen planen die Mitglieder die Einführung von Qualitätslogos, die sich in drei Stufen gliedern.
Stufe 1 „Advanced Premium“ beinhaltet die vollständige Unterstützung des neuen HDR-Formats, die Einhaltung des Kinofarbraums DCI P3 und das bestmögliche 4K-Bildprocessing. Zudem verlangt das Logo geringe Messtoleranzen, d.h. es geht nicht darum im Dynamik-Bildmodus exorbitante Werte zu generieren, sondern die Displays müssen ihre Leistungen im farbkalibrierten Kinomodus unter Beweis stellen.
Stufe 2 „Premium“ erfordert weder HDR noch einen erweiterten Farbraum, aber auch hier setzt die UHD-Allianz die Einhaltung von Mess- und UHD-Standards voraus. Das Premium-Logo erhalten damit UHD-TVs, die zu allen UHD-Standards kompatibel sind und über 3840×2160 Pixel verfügen. Stufe 3 „Keine Zertifizierung“ betrifft ausschließlich Displays, die nicht über erforderliche UHD-Schnittstellen, -Tuner, -Panels etc. verfügen und somit keine Zukunftssicherheit für den Verbraucher versprechen.
HDTV-Chefredakteur Christian Trozinski kommentiert die aktuelle Situation: „Die TV-Hersteller wissen, dass echte UHD-HDR-TVs aufwendig und teuer zu produzieren sind, weshalb die Stückzahl minimal ausfällt. Bis jetzt gibt es exakt zwei TVs im vierstelligen Preissegment am deutschen Markt, die die HDR-Anforderungen des Quellmaterials erfüllen: Samsungs UE65JS9590 und Sonys KD-75X9405C. Für Jahresende ist noch der 65PUS9600 von Philips angekündigt, der nach den HDR-Spezifikationen gebaut wurde. OLED ist ein Sonderfall, da fehlen im Moment die Testerfahrungen mit HDR – theoretisch können aber auch OLED-TVs trotz niedriger Helligkeit optimal für HDR geeignet sein.“
„So oder so: UHD-HDR-TVs kosten derzeit zwischen 4000 und 9000 Euro – kein Marktsegment, mit dem sich ein neuer Standard etablieren lässt. Dass ein paar Hersteller jetzt alle UHD-TVs zu HDR kompatibel machen, ist für Konsumenten sicher eine gute Nachricht – ein Bild zu sehen ist immer noch besser als kein Bild zu sehen – aber die Industrie tut sich mit dieser Entscheidung in meinen Augen keinen Gefallen. Denn der Großteil der UHD-Fernseher ist nicht ansatzweise dazu in der Lage, den HDR-Effekt der Quelle auch tatsächlich ins Wohnzimmer zu übertragen, weshalb am Ende die Enttäuschung groß sein dürfte, wenn HDR-Inhalte mit leistungsschwachen Flachbild-TVs wiedergegeben werden. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass die Logos ‚Premium‘ und ‚Advanced Premium‘ in technischer Hinsicht Welten trennen – wer auf Bildqualität achtet, sollte ausschließlich Modelle mit ‚Advanced Premium‘-Auszeichnung in Betracht ziehen“, so Trozinski weiter.
„Die Vorschläge der UHD Allianz sind lobenswert, doch ich bezweifle, dass sich ein auffälliges Qualitätslogo global gesehen durchsetzen lässt. Die erforderlichen Spezifikationen sind teilweise sehr streng, in anderen Bereichen (Schwarzwert, Helligkeit, Ausleuchtung, Clouding, Bewegtbildschärfe etc.) wird dagegen anscheinend überhaupt keine Regelung getroffen, sodass ich befürchte, dass auch durchschnittliche TVs die bestmögliche Auszeichnung erhalten werden. Und dass Hersteller innerhalb der Allianz für Premiumqualität werben, in der Praxis aber das HDR-Thema verwässern, ergibt für mich keinen Sinn. Am Ende werden die TV-Anbieter Sorge tragen, dass möglichst viele Fernseher die bestmöglichen Logos erhalten, inwieweit da der Qualitätsgedanke tatsächlich eine Rolle spielt, bleibt abzuwarten.“[red]
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