TP Vision exklusiv Teil 4: Chancen und Risiken der TV-Zukunft

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Bild: © lassedesignen - Fotolia.com
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Es geht nicht weniger als um die Vormachtstellung im Wohnzimmer. Zwischen dem Willen der TV-Sender und den Bestrebungen der TV-Hersteller sitzen Sie, der Zuschauer. TP Vision verrät, wie die TV-Zukunft aussehen könnte.

Stellen Sie sich vor, Ihr Fernseher stellt alle Wunschinhalte, auch Pay-TV, ohne externe Box zur Verfügung und Sie können sämtliche Inhalte ohne Einschränkungen nutzen. Was in Zeiten von CI-Plus und immer neuen Kopierschutzmechanismen wie ein längst vergessener Traum erscheint, ist in China nun Realität. In Zusammenarbeit mit einem Programmanbieter stellt TP Vision einen Fernseher in die Regale, der nach dem Einschalten exakt jene Bedienoberfläche zeigt, die der TV-Anbieter bislang nur über externe Receiver zugänglich machte.
 
TP Visions Lösung: Es muss ein Mittelweg gefunden werden, bei dem der TV-Hersteller sämtliche Funktionen seinen Kunden zugänglich machen kann, ein Programmanbieter aber gleichermaßen die Wahl hat, die Bedienoberfläche seinen Bedürfnissen anzupassen. Außerhalb von China ist man von diesem Konsens noch weit entfernt, denn die Angst der TV-Sender, teuer eingekaufte Inhalte über Fremdgeräte wiederzugeben, ist noch zu groß. Deshalb bleibt Smart-TV weiterhin hinter den Möglichkeiten zurück, auch wenn TP Vision alles daran setzt, dass zum Beispiel Online-Programme und Offline-Sender nicht länger getrennt im Programmmenü auftauchen.

Rückenwind erhält TP Vision bei den eigenen Bestrebungen von Google: Das Android-Betriebssystem ist aktuell nur in TP-Vision-Fernsehern integriert und die Brücke von der Offline- zur Onlinewelt ist dadurch einmal mehr ausgebaut. Doch TP Visions aktuelle Entwicklungen sind nicht frei von Startschwierigkeiten: Die diesjährigen Android-Fernseher sind nicht zur neueren Android-Version 5.0 (bzw. L für „Lollipop“) kompatibel, erst die 2015er-Modelle werden diesen Standard unterstützen. Damit Käufer der diesjährigen TVs dennoch von der Weiterentwicklung profitieren, stellt TP Vision eine externe Android-Box Anfang 2015 zur Verfügung, um alte Modelle fit für Android 5.0 (und auch HEVC bzw. das Netflix-Streaming in UHD) zu machen.
 
Genau in diesem Punkt widerspricht sich TP Vision derzeit noch selbst: Auf der einen Seite sieht man den TV als Komplettsystem und externe Zuspieler sollen mehr und mehr verschwinden, auf der anderen Seite bietet man noch kein modulares, aufrüstbares System, sondern stellt, ganz klassisch, die Set-top-Box als Nachrüstlösung ins Wohnzimmer.

Bei der Vorstellung einer weiteren Funktion erntete TP Vision bei unserem Besuch in Belgien nicht nur freudige Blicke: die Überwachung von Zuschauerinteressen. Die aus dem Musikbereich bekannte App „Shazam“ soll als Vorlage für eine umfangreiche intelligente Bildanalyse stehen, bei der der Fernseher, ohne Kopierschutzrichtlinien zu missachten, laufende Bildinhalte nach Titel, Darsteller und Inhalt analysieren kann.
 
Nach TP Visions Planung sollen Fernseher der Zukunft über die integrierte Kamera sogar den Gemütszustand der Zuschauer analysieren, die Daten mit den bereits gesehenen Programminhalten (auch Websites etc.) abgleichen, um am Ende jedem Zuschauer das passende Programm zu präsentieren. Nicht wenigen Anwesenden lief bei dieser Präsentation ein kalter Schauer über den Rücken, allerdings muss fairerweise gesagt werden, dass das dortige Publikum keinesfalls der nachwachsenden jungen Internetgeneration entsprach, die so gut wie jede Information über Facebook und Co. mit anderen teilt.
 
Wer heute über Amazon einkauft, der bekommt eine Vorauswahl von Produkten präsentiert, die seinen Kaufgewohnheiten entsprechen. Ob wir es wollen oder nicht: Jeder Schritt im Internet kann nachverfolgt werden, und ob man dabei nur die Gefahren oder auch die Chancen sieht, liegt einmal mehr im Auge des Betrachters. TP Vision sieht als Smart-TV-Hersteller vor allem die Chancen und sucht nach Lösungen, wie man aus Tausenden von TV-Sendern und Millionen von Internetinhalten den Überblick behalten kann. Der Fernseher der Zukunft soll Ihnen Zeit sparen, neue Serien- und Filminhalte, von denen Sie bislang nichts wussten, auf Basis Ihrer Vorlieben zu finden. Eine umfassende Analyse Ihrer TV- und Internetgewohnheiten scheint dabei unumgänglich.

Allerdings betont TP Vision, dass diese Analyse nur eine Option ist: Wer die Funktion abschaltet, die Kamera deaktiviert und den Fernseher wie gewohnt betreibt, muss auch in ferner Zukunft nicht damit rechnen, dass persönliche Daten gesammelt werden. Ob und wie schnell die neue Art der Zuschaueranalyse Einzug in die Produkte halten wird, ließ TP Vision noch völlig offen, denn eines will der TV-Hersteller ganz sicher nicht verbreiten: Angst vor der Technik.
 
Als wir das Forschungszentrum in Gent verließen, schwang ein wenig Wehmut mit. Innerhalb von wenigen Stunden waren wir Zeuge einer fast schon grenzenlosen TV-Entwicklung, die uns schrittweise all die nächsten Jahre begleiten wird. Manches von dem, was TP Vision vorstellte, war so überzeugend, dass wir die gern gestellte Frage, ob es sich heute lohnt, einen Fernseher zu kaufen, unmöglich mit Ja oder Nein beantworten können.
 
Verfolgt man TP Visions Bestrebungen mit Zuversicht, dann steht uns ein völlig neues TV-Erlebnis ins Haus, bei der die Bildwahrnehmung nicht mehr ausschließlich von der Größe der Bildfläche vorgegeben wird und der Fernseher seiner ursprünglichen Funktion wieder gerecht wird: Menschen zusammenzubringen und ein unvergleichliches Seherlebnis zu bieten.
 
Noch ist es zu früh einschätzen zu können, ob all die pfiffigen Ideen der Entwicklungsabteilung auch wirtschaftlich umgesetzt werden können, aber der Besuch bei TP Vision zeigte in beeindruckender Art und Weise, dass es bei diesem Hersteller nicht darum geht, ein bekanntes TV-Label auszuschlachten. Stattdessen will TP Vision dem Philips-Logo wieder den Glanz alter Tage zurückgeben, als Philips der Marktführer im TV-Bereich war. Und wer weiß, vielleicht ist dieses Konzept aus alten und neuen Ideen und aus europäischer und asiatischer Zusammenarbeit auf Augenhöhe tatsächlich der Schlüssel für einen weltweiten wirtschaftlichen Erfolg, den andere TV-Hersteller immer noch vergeblich suchen.
[ct]

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