Der BGH und der EuGH haben in ihren Urteilen zu Second-Hand-Software eines deutlich gemacht: Gebrauchte Software darf weiterverkauft werden, auch wenn das Softwareunternehmen wie Microsoft nach wie vor nicht gefällt.
Dass den Softwareunternehmen der Verkauf von Gebrauchtsoftware ein Dorn im Auge ist, zeigt ein Schreiben von Microsoft an seine Partner und Kunden. Darin wird gezielt Stimmung gegen Gebrauchtsoftwarehändler betrieben. Seit Jahren existiert bereits die Streitigkeit zwischen Softwareherstellern und Unternehmen über den Handel mit gebrauchter Software. In der Auseinandersetzung wird mit harten Bandagen gekämpft, schließlich geht es um einen äußerst lukrativen Markt.
Zentrales Thema der Streitigkeit ist dabei die Frage, inwieweit der Weiterverkauf beziehungsweise die Übertragung des Nutzungsrechts erlaubt ist. Der Handel mit gebrauchter Software beruht auf dem Erschöpfungsgrundsatz des Urheberrechtsgesetzes. Danach erschöpft sich das Verbreitungsrecht eines Herstellers an seinem Produkt in dem Moment, in dem es erstmals mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht wurde.
Wegweisend für die Thematik war die Jahre währende und durch alle Instanzen gehende Streitigkeit zwischen dem US-Softwarehersteller Oracle und dem Gebrauchtsoftwarehändler Used Soft. Im Zuge des Verfahrens hatte der EuGH 2012 auf Vorlage des BGH entschieden, dass gebrauchte Software weiterverkauft werden darf.
Der Europäische Gerichtshof führte in seinem Urteil (Az. C-128/11) aus, dass der Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts nicht nur dann gelte, wenn der Urheberrechtsinhaber die Kopien seiner Software auf einem Datenträger (CD-ROM oder DVD) vermarktet, sondern auch dann, wenn er sie durch Herunterladen von seiner Internetseite verbreitet.
Stellt der Urheberrechtsinhaber seinem Kunden nämlich eine – körperliche oder nichtkörperliche – Kopie zur Verfügung, und schließt er gleichzeitig gegen Zahlung eines Entgelts einen Lizenzvertrag, durch den der Kunde das unbefristete Nutzungsrecht an dieser Kopie erhält, so verkauft er diese Kopie an den Kunden und erschöpft damit sein ausschließliches Verbreitungsrecht. Durch ein solches Geschäft wird das Eigentum an dieser Kopie übertragen. Somit kann sich der Rechtsinhaber, selbst wenn der Lizenzvertrag eine spätere Veräußerung untersagt, dem Weiterverkauf dieser Kopie nicht mehr widersetzen. Der BGH hatte sich daraufhin in vollem Umfang dem EuGH-Urteil angeschlossen, die Rechtmäßigkeit des Software-Gebrauchthandels bestätigt und in Einklang mit dem nationalen Gesetz umgesetzt.Microsoft bläst zum Kampf
Dass den Software Unternehmen der Handel mit gebrauchter Software trotz allem weiterhin ein Dorn im Auge ist, zeigt eindrucksvoll ein Schreiben, welches der Software-Gigant Microsoft an seine Partner und Kunden im Mai 2014 versendete. Das Schreiben, so scheint es, dient der gezielten Bekämpfung eines Konkurrenten – den Gebrauchtsoftware-Händlern.
Microsoft weist in dem Schreiben deutlich darauf hin, keine Gebrauchtsoftware zu erwerben, da nach wie vor eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und des konkreten Nutzungsumfangs bestehe. Der Käufer einer Gebrauchtsoftware könne nur unter ganz bestimmten Umständen ein Nutzungsrecht an einer erschöpften Kopie erwerben.
So müsse die Software ursprünglich mit Zustimmung des Rechteinhabers in den Verkehr gebracht worden sein. Zudem müsse die Lizenz für die Software als Gegenleistung für die Zahlung eines Entgelts erteilt worden sein. Darüber hinaus müsse der Rechteinhaber dem Ersterwerber das Recht eingeräumt haben, die Software unbefristet nutzen zu können. Verbesserungen und Aktualisierungen, die das vom Nacherwerber heruntergeladene Computerprogramm gegenüber dem vom Ersterwerber heruntergeladenen Computerprogramm aufweise, müsse von einem zwischen dem Urheberrechtsinhaber und dem Ersterwerber abgeschlossenen Wartungsvertrag gedeckt sein. Außerdem müsse der ursprüngliche Lizenznehmer seine Kopien unbrauchbar gemacht haben.Viele Forderugen
Wie diese Voraussetzungen erfüllt werden können, müsse jedoch zukünftig noch abschließend geklärt werden, so Microsoft in seinem Schreiben. Bis dahin bestehe weiterhin eine Unsicherheit im Hinblick auf die Nutzungsrechte und Software solle lediglich von autorisierten oder assoziierten Händlern erworben werden. Ein klarer Hinweis, sich gegen Gebrauchtsoftware, auch seriöse, zu entscheiden.
Der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke erklärt jedoch: „Dass die genannten Voraussetzungen von seriösen Gebrauchtsoftwarehändlern wie beispielsweise der ReLicense AG bereits seit langem erfüllt werden, bleibt unerwähnt.“ So bestünden einige der in dem Schreiben Microsofts erwähnten Voraussetzungen bereits seit 1993 als EU-Rechtsnorm und würden von den Unternehmen umgesetzt. Sowohl der EuGH als auch der BGH hätten ihren Urteilen deutlich gemacht, dass der Weiterverkauf von gebrauchter Software erlaubt sei.
„Dass die Händler von Gebrauchtsoftware eine ernstzunehmende und für Unternehmen wie Microsoft unerwünschte Konkurrenz darstellen, zeigt nicht zuletzt das Schreiben. Seriöse Gebrauchtsoftwarehändler erfüllen jedoch alle rechtlichen Anforderungen. Das mag Microsoft nicht gefallen, rechtlich müssen Kunden von seriös erworbener gebrauchter Software nichts befürchten“, so Solmecke weiter.
Das letzte Wort in der Thematik über gebrauchte Software, soviel scheine sicher, sei noch nicht gesprochen, gibt der Kölner Rechtsanwalt hingegen zu. [red]
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