
München – Der Bezahlsender Premiere will eine neue Verschlüsselungs-Technologie einführen, nachdem Schwarzseher für ihn zu einem spürbaren Problem geworden sind.
In Deutschland würden inzwischen in großem Umfang im Ausland hergestellte modifizierte Receiver verkauft, mit denen man die Programme ohne Bezahlung empfangen könne, berichtete die Premiere AG am Mittwoch in München. „Dies hat seit dem Weihnachtsgeschäft auch Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf und das Wachstum von Premiere.“ Der Bezahlsender will nun vom zweiten Quartal an neue Smartcards an seine mehr als vier Millionen Kunden verschicken, um die Sicherheitslücke zu schließen.
Das Premiere-Verschlüsselungssystem Nagravision war bereits vor einigen Jahren geknackt worden. Seitdem liefern sich der Bezahlsender und die Schwarzseher ein Katz-und-Maus-Spiel. Es sei noch nicht endgültig klar, ob Premiere bei Nagravision bleibe, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Bei einem guten Angebot eines anderen Dienstleisters wäre auch ein Wechsel noch bis zum Austausch der Smartcards nicht auszuschließen. Die Einbußen durch die gehackten Receiver ließen sich nur schwer verlässlich beziffern, sagte der Sprecher. Man hätte im vergangenen Jahr ohne das Problem aber sicherlich besser abgeschnitten. Dies habe auch ein Gutachten des TÜV Rheinland ergeben.
Bei Kudelski selbst werden die Premiere-Zaungäste als kleines, aber kaum vermeidbares Übel gesehen. „Das liegt im normalen Verlauf des Geschäfts“, sagte Finanzchef Mauro Saladini. Die Smartcards werden deshalb regelmäßig nach ein paar Jahren und einer gewissen Zahl von Schwarzsehern ausgewechselt. „Wir haben das System bei Premiere vor vier Jahren eingeführt, insofern ist es keine Überraschung, dass die Karten ausgetauscht werden.“ Die Kosten für die Gesamtaktion lägen bei unter zehn Millionen Franken. 2006 kam die Firma vom Genfer See bei 756 Millionen Franken Umsatz auf 139 Millionen Franken Reingewinn. Die Münchener sind einer der wichtigsten Kunden und dürfte nach Analystenschätzungen für zehn Prozent des Betriebsergebnisses (Ebit) von rund 90 Millionen Franken in diesem Jahr verantwortlich sein.
Aus Sicht von Saladini steht die Beziehung zu Premiere nicht zur Disposition: „Der Vertrag mit Premiere ist langfristig und läuft bis 2012, mit einer Option auf weitere drei Jahre.“ Vor einem Monat waren im Zuge des überraschenden Einstiegs von Rupert Murdoch bei Premiere bereits ähnliche Befürchtungen aufgekommen, da der Medien-Tycoon auch den größten Kudelski-Konkurrenten NDS kontrolliert. Bei Murdochs TV-Stationen kam bisher immer die NDS-Verschlüsselung zum Einsatz. Deshalb werde Premiere sich als nächstes vielleicht diese Lösung genauer anschauen, zumal sie angeblich noch nie gehackt wurde, spekuliert die Bank Sal. Oppenheim. Gerüchtehalber gibt es bereits erste Testläufe.
Beim Umsatz erreichte Premiere seine jüngsten Ziele im vergangenen Jahr nur knapp. Die Erlöse gingen laut vorläufigen Zahlen von 1,055 Milliarden Euro auf 984,5 Millionen Euro zurück. Im November hatte Premiere Erlöse in Höhe von einer Milliarde Euro angekündigt. Ursprünglich hatte der Konzern einen Umsatz in Höhe von bis zu 1,1 Milliarden Euro prognostiziert, dies aber im Lauf des Jahres relativiert. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag mit 83,4 Millionen Euro (Vorjahr: 47,9 Mio) im Rahmen der letzten Erwartungen.
Die Zahl der Abonnenten lag Ende 2007 bei 4,279 Millionen. Davon waren 3,651 direkt bei Premiere unter Vertrag, hinzu kamen über arena und Unitymedia noch einmal 628 000 indirekte Kunden. Ursprünglich hatte Premiere auf insgesamt 4,4 Millionen Abonnenten zum Jahresende gehofft. (dpa/fp)[fp]
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