Mit der Nano-LED-Technik und dem angekündigten OLED-TV gehört LG zu den vielversprechendsten TV-Anbietern 2012. Doch wird im Gegensatz zu den letzten Jahren auch der deutsche Markt ansprechend bedient? Ein Vergleich von Produktankündigungen und tatsächlich ausgelieferten Geräten sowie mit Photoshop „nachfrisierte“ Pressebilder werfen Fragen auf.
Auf der diesjährigen Elektronikmesse CES in Las Vegas legte LG einen fulminanten Auftritt hin. Die aktuellen LED-LCDs zeigen einen ultraschmalen Rahmen sowie eine ultraflache Bautiefe und dennoch integriert LG in den Topmodellen der Serie LM9600 eine vollwertige LED-Hintergundbeleuchtung, die lokal dimmbare Segmente aufweist. Noch einen Schritt weiter geht der voraussichtlich EM960W getaufte OLED-Fernseher: Statt LEDs in geringer Stückzahl leuchten organische Leuchtdioden jeden Subpixel perfekt aus und schicken die Flüssigkristallschicht endgültig in Rente.
Der Kontrast fällt somit mustergültig aus, denn Schwarz erscheint pechschwarz und störende Leuchtflecken, infolge einer groben Ausleuchtung aktueller LED-Raster, gehören der Vergangenheit an. Somit scheint der Weg geebnet zu ausgereiften LED-LCDs im preislich attraktiven Mittelklassesegment und echten OLED-Fernseher, die das beste der Plasma- und LED-LCD-Technik in einem, wenn auch in diesem Jahr noch kostspieligen Produkt verbinden – oder etwa doch nicht?
Stolz präsentierte LG auf der IFA Preview und IFA im Jahr 2009 den LH9500, einen ultraflachen LCD-TV mit echter LED-Hintergrundbeleuchtung. Das Ziel: Im Gegensatz zu Samsungs Edge-LED-Technologie wollte LG alle Trümpfe einer echten LED-Hintergrundbeleuchtung ausspielen (Local-Dimming für besseren Kontrast) und die gleichzeitig ultrakompakte Gehäuseform galt zu dieser Zeit als revolutionär.
Doch nach den vollmundigen Ankündigungen warteten nicht nur die Tester und die Presse vergeblich auf den vermeintlichen Superfernseher – der LH9500 wurde zurückgezogen, bevor auch nur ein Modell an den Handel ausgeliefert wurde. Eine Begründung nannte LG auf Anfrage von DIGITALFERNSEHEN.de seinerzeit nicht.
Schmackhafter OLED-Ausblick und Photoshop
12 Monate sollten vergehen, bis LG auch für Deutschland den zweiten Anlauf mit der Full-LED-Technik wagte. Sowohl die Modellserie LX9500, als auch die High-End-Variante LEX8 boten zur IFA Preview bzw. IFA 2010 genügend Argumente, um Technikherzen höher schlagen zu lassen: sämtliche Vorzüge des im Vorjahr überraschend zurückgezogenen Modells LH9500 fanden sich nun im LX9500 wieder und LG versprach sogar noch mehr: Die Serie LEX8 sollte den Fernsehermarkt gar revolutionieren, denn erstmals sei laut es den Entwicklern gelungen, den Crosstalk im 3D-Betrieb auf ein nicht sichtbares Niveau zu reduzieren.
Auf der IFA Preview 2010 galt deshalb die höchste Sicherheitsstufe: Der LEX8 wurde nur im Hinterzimmer gezeigt und alle Journalisten mussten Unterlassungserklärungen unterzeichnen, die die Weitergabe der Informationen klar regelten. Auf der IFA 2010 setzte LG klare Akzente: Aus Full-LED wurde Nano-LED und sogar die OLED-Technik wurde anhand von 31-Zoll-Prototypen dem staunenden Publikum vorgestellt. Während Lgs 15-Zoll-OLED EL9500 die Marktreife erreichte, sollte es beim 31-Zoll-OLED jedoch bei einer reinen Messedemo bleiben – eine Produktion fand nie statt.
Als der LX9500 Ende 2010 das Testlabor des Auerbach Verlags erreichte, konnte die Nano-LED-Technik nicht uneingeschränkt überzeugen: Aufgrund der geringen Bautiefe war das LED-Raster trotz ausreichender Cluster-Anzahl sichtbar, bei sehr hoher Bildhelligkeit konnte die Wabenstruktur sogar vom Filmgenuss ablenken. Statt des matten Filters des LH9500 setzte LG zudem auf eine stark spiegelnde Frontscheibe, die unter Tageslichtbedingungen sichtbar aufhellte – aus dem erhofften Superfernseher wurde am Ende ein gutes Produkt, das aber noch viele Wünsche offen ließ.
Vorfreude ist die schönste Freude
Nur wenige Monate später startete LG deshalb auch auf dem deutschen Markt den Nachbrenner und brachte mit dem LEX8 den vermeintlich besten Fernseher aller Zeiten heraus. Der matte Kontrastfilter, die nur wenige Millimeter umfassende Bautiefe, der extrem schmale Rahmen und eine überdurchschnittliche Verarbeitungsqualität ließen bereits beim Auspacken der Komponenten Großes erhoffen. Doch auch beim LEX8 steckte der Fehler im Detail: Die im Vergleich zum LX9500 nochmals verringerte Bautiefe verstärkte die Sichtbarkeit des LED-Rasters und die Ausleuchtung fiel in Tests alles andere als mustergültig aus.
Am Mittwoch (22. Februar) lesen Sie die Fortsetzung des Beitrags. Dann geht es um weitere kurzfristig zurückgezogene Produktauslieferungen, per Software-Update deaktivierte Skype-Unterstützung und die Frage, wie LG Electronics auf dem deutschen Markt verlorenes Vertrauen zurückgewinnen will.
[Christian Trozinski/Dennis Schirrmacher]
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