Wenn sich das Jahr dem Ende neigt, ist nicht nur die Zeit für Rückblicke, sondern auch die Chance vorauszuschauen, was das neue Jahr bringen wird. Sehr schnell werden neue Technologien zum Trend des nächsten Jahres erklärt, zum Verkaufsschlager für die Technik-Hersteller, zum wegweisenden Hype für eine ganze Generation erklärt. Solch ein Thema ist Ultra HD in Kombination mit HDR.
„Sie haben noch nie davon gehört? Das macht nichts, Sie befinden sich im Bundesdurchschnitt immer noch in Gesellschaft einer breiten Masse, die es auch so genau nicht zu sagen vermag“, erklärt der frühere Kabel Deutschland CEO Dr. Hans-Ullrich Wenge in seiner Kolumne in der DF-Schwesterpublikation DIGITAL INSIDER.
Noch schärfer soll Ultra HD sein. Vor allem gepaart mit High Dynamic Range (HDR) ist mehr Bildtiefe möglich. Mit Wider Colour Gamut (WCG) tritt ein größerer Farbraum zutage. Mit Higher Frame Rate (HFR) kommen zudem generell mehr Bilder, um schnellere Bewegungen bei Live-Reportagen scharf zu halten. Man erreicht 2/3 des Sehvermögens des Auges, betonen Filmstudios zu Recht. Damit sei mehr Emotionalität durch mehr Realität gegeben. Ein wirklich bahnbrechender Trend, der schnell Einzug in die TV-Landschaft der Wohnzimmer finden wird – so könnte man meinen.
Nicht ganz so sicher ist aber DIGITAL INSIDER Kolumnist Wenge, ob das so funktionieren wird, und das habe mehrere Gründe: „Die Umstellung von Standard Definition (SD) auf High Definition (HD) war für den Fernsehkunden, der erstmalig bei größeren Geräten auch mehr Schärfe brauchte, völlig nachvollziehbar. Bilddiagonalen von 55 Zoll haben sich im Wohnzimmer etabliert, schließlich sind neue Fernseher superflach und der Gehäuserahmen ist kaum noch erkennbar. Der nächste Umstieg auf 4K scheint dagegen nur schwer mit wohnzimmerüblichen Dimensionen vereinbar zu sein. Oder gehen Sie davon aus, dass wir bald alle 80-100 Zoll Fernseher in unseren Wohnstuben haben werden? Mal eine ganz bescheidene Frage: Wie groß ist Ihre Wohnzimmerwand? Merken Sie etwas?“, tritt Wenge übertriebenen Erwartungen in Bezug auf Ultra HD für das kommende Jahr entgegen.
Hinzu käme laut des früheren Kabel Deutschland CEOs, dass die Industrie – wie übrigens bei jeder technologischen Einführung – das Chaos beim Kunden selbst erzeuge. „Es gibt nämlich selbstverständlich nicht nur das Ultra HD Logo als Kennzeichnung dieser neuen Technologie auf den Fernsehern. Das wäre doch für den Konsumenten viel zu einfach. Lieber verwirrt man den Käufer noch ein wenig, damit er auch garantiert am Ende doch nicht so genau weiß, was er da kauft. Die Logos auf den Fernsehern sind vielfältig, zum Teil bunt, in jede Falle aber verwirrend“, erläutert Wenge die Situation.
Und tatsächlich sorgen Logos für Ultra HD Premium, Super UHD TV, 4K HDR, OLED HDR, QLED HDR, HDR 10+, Active HDR, Wide Dynamic Range oder HDR Super derzeit für Irritationen bei Kunden und Handel. Zusätzliche Logos von Dolby Vision und Technicolor tragen dabei nicht zur Erhellung bei, wo nun ultrascharfer Fernsehgenuss drin ist und worin eigentlich die Unterschiede bestehen.
Solch ein Vorgehen gegenüber dem Handel und dem Kunden sei eine Katastrophe, weiß Wenge: „Wozu hat die Industrie Verbände und gemeinsame Marketinggruppen, wenn das dabei herauskommt? Klar, es gibt Fachpublikationen, die den Unterschied der einzelnen Geräte herausarbeiten werden, aber ich muss schon sehr genau nachlesen, um zu wissen, was ich da kaufe. Wer glaubt, mit Verwirrung Kunden zu gewinnen, hat die Rechnung ohne die Käufer gemacht“, schlussfolgert er. Das habe schon beim Thema 3D nicht zu nachhaltigen Erfolgen geführt.
Weitere Gedanken von Hans-Ullrich Wenge zur heutigen Mediennutzung, der benötigten Infrastruktur und dem notwendigen Wandel finden sich in seiner Kolumne im DIGITAL INSIDER, den es im Abo unter Heftkaufen.de und per App für Android und iOS gibt.
[red]
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