Bei dem von ARD und ZDF geplanten Signalschutz DVB-CPCM handelt es sich nicht um eine klassische Verschlüsselung. Das System legt erst nach dem Empfang des uncodiert verbreiteten TV-Signals die technischen Daumenschrauben an. DIGITAL FERNSEHEN erläutert die Hintergründe.
Branchendienste hatten am Wochenende Sprecher von ARD und ZDF zitiert, die eine Verschlüsselung ihrer hochauflösenden Ausstrahlungen dementierten. Tatsächlich geht es bei den von DIGITAL FERNSEHEN aufgedeckten Plänen, die beide öffentliche Sender in einer gemeinsamen Erklärung offiziell bestätigt hatten (DF-Meldung vom Freitag), aber um etwas gänzlich anderes: Hier werden unverschlüsselte TV-Signale nachträglich auf CPCM-zertifizierten Empfängern „festgehalten“ und das Kopieren auf externe Datenträger und ungewollte Nutzung durch Einsatz von DVB-CPCM blockiert.
Bei DVB-CPCM (Digital Video Broadcasting – Content Copy and Protection Management) handelt es sich um ein globales System für Inhalte- und Kopierschutz bei digitalen Ausstrahlungen an TV-Zuschauer, das neben den Verbreitungswegen Kabel, Satellit und Terrestrik auch für mobiles Fernsehen und IPTV ausgelegt ist. Im Mittelpunkt steht die Kontrolle der Weitergabe von Inhalten. Insgesamt zehn Kernelemente wurden im Februar und Juni 2008 vom DVB Steering Board genehmigt und durch das Normierungsgremium ETSI als Standard (TS 102 825) verabschiedet. Im Oktober 2008 sowie im Juli und Oktober 2009 folgten weitere Ergänzungen.
CPCM setzt anders als Conditional Access (CA) oder Digital Rights Management (DRM) erst an, wenn die Inhalte beim Kunden angelangt sind. Smartcards oder CI-Module kommen nicht zum Einsatz. Innerhalb der sogenannten Authorised Domain im Empfangshaushalt können spezifische Nutzungsrechte festgelegt werden. Die sogenannte Usage State Information (USI) im digitalen Strom erlaubt oder unterbindet Wiedergabe, Kopie und externe Archivierung.
Die technischen Rahmenbedingungen für DVB-CPCM sind in dem 184-seitigen DVB BlueBook A9412 festgehalten. Die Möglichkeiten umfassen beispielsweise zeitgesteuerte Löschungen von Festplattenaufnahmen, das Unterbinden von Streaming oder den eingeschränkten Export ausschließlich an andere CPCM-taugliche Endgeräte. Offen ist bislang, ob bestehende Digital-Receiver für CPCM nachrüstbar sind oder zwingend die Anschaffung neuer Endgeräte erforderlich wird.
Insbesondere die großen Hollywood-Studios wie Warner, Sony, MGM und 20th Century Fox üben massiven Druck auf die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten aus. Aktuelle Kinofilme und sportliche Großereignisse sollen hochauflösend nicht länger ohne digitalen Signalschutz auf dem Bildschirm des Zuschauers landen. ARD und ZDF hatten gegenüber DIGITAL FERNSEHEN bestätigt, CPCM als technischen Mechanismus für die Einhaltung der verlangten Restriktionen zu prüfen.
Wir haben „mit der EBU, Rechteinhabern und der Geräteindustrie an einem Standard gearbeitet, der die unautorisierte Verbreitung von Inhalten über das Internet verhindern soll. Das von DVB entwickelte und von ETSI inzwischen standardisierte CPCM-System sieht die Möglichkeit der verschlüsselten ebenso wie der unverschlüsselten Ausstrahlung vor“, sagte ZDF-Sprecher Alexander Stock in einer gemeinsamen Erklärung von ARD und ZDF auf Anfrage von DIGITAL FERNSEHEN.
Weitere Einzelheiten zum Damoklesschwert CPCM (Content Protection Copy Management), das bei den öffentlich-rechtlichen Sendern über den Köpfen der Zuschauer schwebt, lesen Sie in der aktuellen DIGITAL FERNSEHEN 1/2011. In unserem vierseitigen Schwerpunkt erfahren Sie auch alle technischen Hintergründe und finden exklusive Statements der European Broadcasting Union und weiterer Branchenvertreter sowie Informationen zu einer ähnlichen Lösung, die bereits bei der britischen BBC zum Einsatz kommt. [ar]
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