Ende März 2017 wird das terrestrische Fernsehen in Deutschland revolutioniert. HDTV hält auch bei diesem Übertragungsweg Einzug. Doch bevor es soweit ist, muss der Nutzer erst einmal neue Empfangstechnik kaufen. Jürgen Horn, Geschäftsführer bei SVS, hat die nötige Hardware schon im Portfolio und hoff auf Handel und Kunden, um den Umstieg reibungslos tätigen zu können.
Herr Horn, DVB-T2 wird erst im März 2017 in deutschen Wohnzimmern Einzug halten. Gibt es denn überhaupt schon eine ausreichende Anzahl an Empfangsgeräten im Handel?
Jürgen Horn: Ja und nein. Wir bei SVS haben uns dem Thema DVB-T2 bereits seit längerem angenommen. Denn die Erfahrungen aus der Umstellung bei der Satellitenverbreitung zeigen uns, dass es sinnvoll ist, den Markt möglichst früh zu informieren und zu betreuen. Dazu gehören zum einen genaue Informationen über die Rahmenbedingungen, z.B. die verfügbaren TV-Programme und die Verbreitungsgebiete. Zum anderen wird natürlich eine Produktpalette benötigt, die entlang von Funktionen, Design und Preis alle Bedürfnisse im Markt anspricht.
Hier bieten wir dem Handel aktuell Receiver mehrerer Marken und unterschiedlicher Ausstattungsvarianten, aber auch Antennen und weiteres Zubehör. Was hier und da noch fehlt, ist die aktive Vermarktung durch den Handel in Richtung Endkunden. Durch unser Außendienstteam setzen wir da jedoch stetig neue Impulse und Anreize. Wir müssen hier unbedingt Fahrt aufnehmen, und das so rasch wie möglich!
Welche Gründe gibt es denn für Konsumenten, jetzt schon zuzuschlagen und sich solch eine DVB-T2 Box jetzt schon zu kaufen? Es sind doch immerhin noch ein paar Monate bis März…
Horn: So könnte man es sehen. Aber bei zu langem Warten droht ein echtes Problem in Form von Warenknappheit und daraus resultierend dunkel bleibenden Bildschirmen. Wir haben das Weihnachtsgeschäft direkt vor uns – eine Gelegenheit für viele Menschen, neue Technik anzuschaffen und zu verschenken. Das ist der ideale Zeitpunkt für den Handel, dafür zu werben und gleich die richtigen Produkte auszuwählen, nach dem Motto „Wenn Antennenfernsehen, dann DVB-T2“. Den Menschen sollte deutlich gemacht werden, dass DVB-T2 abwärtskompatibel ist, auch die aktuell verbreiteten Programme empfangen kann und somit schon jetzt die richtige Wahl ist.
Wenn sich der Run auf die Geräte allzu sehr auf einen kurzen Zeitraum vor der Umstellung am 28. März 2017 konzentriert, wird das schiefgehen. Und für viele Hersteller gibt es nachvollziehbarerweise Grenzen darin, in allzu großem Umfang auf dieses punktuelle Nachfragehoch zu setzen.
Zuschauer werden möglicherweise noch zögern. Der Gedanke ist nachvollziehbar. Die neue Technologie entwickelt sich doch bestimmt noch, vielleicht mit noch größeren Festplatten, edlerem Design oder möglicherweise auch noch günstigeren Preisen. Wie sehen Sie das?
Horn: Tut mir leid, ebenfalls anders. Wobei ich solche Gedanken natürlich schon verstehen kann. Zweifelsfrei gibt es ständig Weiterentwicklungen bei allen Produkten der Unterhaltungselektronik. Speziell bei Digitalempfängern haben wir aber ein Niveau erreicht, bei dem die Entwicklungssprünge nur noch vergleichsweise klein sind. Aber wer ab März 2017 weiter über Antenne fernsehen möchte, braucht die neue HD-taugliche Technik für DVB-T2. Und wenn sich die Nachfrage vieler Menschen in kurzer Zeit auf wenige Produkte konzentriert, steigen den Marktgesetzen folgend die Preise. Wer also auf Preissenkungen pokert, statt sich jetzt entspannt auf die neue Situation einzustellen, und deshalb mit dem Kauf wartet, verpasst in diesem Fall ziemlich sicher den richtigen Zeitpunkt.
Also besser jetzt zugreifen? Welche Marken werden denn derzeit schon angeboten und wo kann der Zuschauer diese kaufen? Und: Auf welches Logo muss man denn jetzt beim Kauf achten?
Horn: Je eher, desto besser – das würde ich empfehlen, insbesondere auch dem Handel. Zur Frage nach den verfügbaren Marken: Nun, wir bieten als enger Vertriebspartner von Humax im High-End-Bereich den HD Nano T2 an, im Einstiegs- und mittleren Preis-Segment Receiver von Strong, Vantage und SetOne. Zu finden sind diese im Fachhandel und bei den großen Elektronikketten, aber auch bei ausgewählten Online-Händlern. In jedem Fall sollte man auf die vielfach durch Freenet, Media Broadcast und die Sender kommunizierten Logos „DVB-T2 HD“ und „Freenet TV“ achten. So stellt man sicher, dass man das volle Potential der neuen Angebote auch nutzen kann. Wer jedoch eine ganz simple Lösung für den Empfang freier Programme sucht, muss nur sicher gehen, dass der Receiver DVB-T2 und HEVC/H.265 beherrscht. Die entsprechende Information dazu findet sich meist auf den Datenblättern oder man fragt im Fachhandel einfach nach.
Was ist, wenn ich das Modell meiner Wahl im Handel nicht finde? Stattdessen lieber online kaufen oder besser beim Händler Druck machen? Was geht eigentlich schneller? Wie schnell und flexibel ist der Handel in den Verkaufsläden im Vergleich zum Online-Geschäft Ihren Erfahrungen nach?
Horn: Das hängt natürlich maßgeblich von jedem einzelnen Händler ab. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass solche direkten Anfragen nach bestimmten, bei Vergleichstests oder in entsprechenden Foren positiv bewerteten Produkten beim Fachhandel sehr ernst genommen werden und schnell zur Aufnahme ins Portfolio führen. Gegenüber dem Online-Kauf bleiben dann im stationären Handel die unschätzbaren Vorteile einer individuellen Beratung und eines festen Ansprechpartners erhalten.
DVB-T2 kostet den Verbraucher Geld, wenn er die Privatprogramme schauen will. Wird also jetzt alles beim Antennenfernsehen in Deutschland schlechter, weil es für den Zuschauer teurer wird?
Horn: Nun, teurer heißt nicht schlechter. Denn zum ersten Mal ist es jetzt möglich, Antennenfernsehen in HDTV zu schauen – was für ein Quantensprung beim Fernsehgenuss! Für die öffentlich-rechtlichen Sender bleibt dies weiterhin kostenlos. Was die Privatsender angeht, so zieht der Verbreitungsweg Antenne lediglich mit der Verbreitung über Satellit und Kabel gleich, wo HDTV-Angebote ebenfalls kostenpflichtig sind. Zugegeben, wer Privatsender über Antenne kostenlos schauen möchte, hat diese Möglichkeit nicht mehr. Dafür ist der Empfang in vielen Gebieten sehr flexibel per Zimmerantenne und teilweise sogar mobil möglich. Kabelanschlüsse sind nicht überall verfügbar oder werden als zu teuer empfunden. Satellitenempfang erfordert immer die Installation einer Antenne und die Kabelverlegung zu den Receivern. Alle Möglichkeiten haben ihre Vor- und Nachteile, DVB-T2-Empfang bietet aber auch ein wirklich rundes Gesamtpaket.
Hand auf’s Herz: Haben Sie denn schon eine DVB-T2-Box zuhause stehen? Oder schauen Sie eher via Satellit, Kabel oder IPTV?
Horn: Das eine schließt das andere ja erfreulicherweise nicht aus! Ich bin allein schon aus der SVS-Historie heraus natürlich ein Zuschauer über Satellitenempfang – mit Sat-Schüssel und Receivern aus unserem Portfolio. Aber bei fehlender und aufwendig nachzuinstallierender Verkabelung nutze ich an bestimmten Orten parallel auch das bisherige DVB-T-Angebot, das über Zimmerantenne gut empfangbar ist. Zugegebenermaßen bin ich ein Fan des Bestmöglichen. Und da ich mir die neuen DVB-T2-Geräte aus unserem wahrlich umfangreichen Portfolio im Testlabor von SVS bereits ausgiebig angeschaut habe, steht seit einigen Tagen ein noch eingepackter Humax HD Nano T2 bei mir zu Hause und wartet auf seine Inbetriebnahme – wahrscheinlich am kommenden Wochenende.
Momentan ist es in den Handelsketten noch relativ still um das Thema DVB-T2. Wird schon genug getan, um DVB-T2 im Handel und gegenüber Endkonsumenten zu erklären? Was sollte man den Zuschauern raten? Wo informiert man sich, um für sich das passende Gerät zu finden?
Horn: Das stimmt, es ist erstaunlich still um DVB-T2, und wir arbeiten jeden Tag daran, die Situation zu verbessern. Freenet und Media Broadcast haben zusammen mit den Sendern umfangreiche Aufklärungskampagnen gestartet, die es nun gilt, intensiv nachzuhalten. Trotzdem halte ich es für eine Illusion, wenn man auf die aktive Nachfrage seitens der Zuschauer wartet, denn das wird zumindest in der Breite nicht geschehen.
Es gilt zu verstehen, dass es nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch zum Wohl der TV-Zuschauer sinnvoll ist, einen geordneten Übergang von DVB-T zu DVB-T2 über einen längeren Zeitraum zu organisieren. Auch der Fachhandel und die Großmärkte sollten sich darauf einstellen, dass der Run im März 2017 ohnehin eintritt. Die Frage ist nur, wie groß er sein wird und ob wir alle gemeinsam damit umgehen können, wenn es uns nicht gelingt, die Nachfrage auf einen etwas größeren Zeitraum zu verteilen. Ein überstürzter Notkauf von irgendwelchen im letzten Moment noch verfügbaren Restanten kann doch niemals das angestrebte Szenario sein – denn das findet im Zweifel komplett online statt. Lieber jetzt investieren, aktiv werben, Kompetenz ausstrahlen, Beratung und Service in den Vordergrund stellen und positive Kauferlebnisse schaffen. Die gute Nachricht ist doch: Das kann nur der stationäre Handel![red]
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