D-Box und Mediamaster: Was geht heute noch damit?

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Mediamaster und d-box
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler

Als das digitale Satelliten-Fernsehen in Deutschland am 28. Juli 1996 an den Start ging, war der Nokia Mediamaster der erste bei uns erhältliche Digital-Receiver. Was kann man heute noch mit dem Gerät machen?

Vom Nokia Mediamaster gibt es mehrere Modelle. Der Urvater war der Mediamaster 9500 mit integriertem Decoder für das Pay-TV-Paket von DF1. Dieses startete damals mit mehr als 20 exklusiven Sendern über Astra 19,2 Grad Ost. Zeitgleich waren auch schon ARD, ZDF und zumindest die wichtigen deutschen Privatsender digital frei empfangbar.

Der Mediamaster 9200 kam um die Jahreswende 1997 auf den Markt. Er unterschied sich zum 9500er nur durch den fehlenden DF1-Decoder und war somit auch ohne gleichzeitigen Abschluss eines Abos erhältlich. Unseren ersten 9200er haben wir durch Beziehungen zum sagenhaft günstigen Preis von umgerechnet 814 Euro bekommen. Wertbereinigt entspräche das heute mehr als 1 100 Euro.

Herbe Enttäuschung

Mediamaster
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Der Nokia Mediamaster 9200, ausgegraben aus dem Keller

Unser erster Digital-Receiver wurde heiß erwartet und sorgte unmittelbar für eine herbe Enttäuschung. Denn die in ihm eingespielte Originalsoftware war absoluter Schrott. Ob und wie er funktionierte, wurde zu hundert Prozent vom Zufall bestimmt. So wussten wir nach dem Ausschalten nicht, ob wir nach dem Wiedereinschalten noch ARD und ZDF schauen konnten oder ob ein Werksreset fällig wurde. Zudem erlaubte der 9200er nur das Einlesen von maximal 380 Programmen. Allerdings wurden schon damals deutlich mehr über Astra 19,2 Grad Ost ausgestrahlt, was zu weiteren Problemen führte. Nachdem der 9200er mit der Originalsoftware nicht für den Alltagsbetrieb, geschweige denn für DX, geeignet war, wanderte er erstmal in den Keller.

DVB98/2000

Für Abhilfe sorgten findige Programmierer, die für den Mediamaster 9200 eine alternative Betriebsoberfläche schufen. Ihr Name: DVB98. Sie bereinigte nicht nur alle Mängel der Originalsoftware, sondern bot auch viele Erweiterungen, die das DXer-Herz höher schlagen ließen. Ihre Perfektion erlangte diese alternative Betriebssoftware mit der Version DVB2000. Erst diese Programme ließen unseren „Fehlkauf“ wieder ins Wohnzimmer wandern und sorgten für viele spannende digitale DX-Erfahrungen.

Anschlüsse des Mediamaster

Mediamaster 9200, Rückseite
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Aus heutiger Sicht bietet die Rückseite des Nokia Mediamasters wenig an bekannten Buchsen. Er lässt sich nicht mehr so leicht an ein modernes TV anschließen

Der Nokia Mediamaster ist ein Kind seiner Zeit. Demnach findet man an ihm noch keine HDMI-Schnittstelle für den Anschluss an den Fernseher. Dafür stehen insgesamt drei analoge Scart-Buchsen zur Verfügung. An ihnen konnte auch ein Videorekorder mit Sat-TV versorgt werden. Ferner fanden sich Cinch-Buchsen für analoges Stereo-Audio über die HiFi-Anlage und für Steuerbefehle, mit denen ein Koax-Relais geschaltet werden konnte. Ferner war der Mediamaster mit einer RS232- und SCSI-Schnittstelle versehen. Eine F-Eingangsbuchse für die Sat-Schüssel gab es freilich auch.

An der Front waren, verborgen hinter einer Klappe, drei Tasten versteckt. Mit ihnen ließ sich die Box aus dem Stand-by einschalten und die Kanäle der Reihe nach durchzappen. Selbstverständlich gab es zum Mediamaster auch eine Fernsteuerung. Mit 28 Tasten bot sie einen Bedienungskomfort, der bis heute Stand der Dinge ist. Die Form war für damalige Zeiten schon modern und im Gegensatz zu manch anderer Fernbedienung lässt sich das Modell auch heute noch mangels der selbstzerstörenden Gummierung gut nutzen.

Wieder zum Leben erweckt

Mediamaster 9200, Frontklappe
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Hinter der Frontklappe finden sich drei Knöpfe zur Gerätebedienung. Die durchsichtige Abdeckung lässt sich abnehmen

Während der Pioniertage des digitalen Satellitenfernsehens hatte uns der Nokia Mediamaster wertvolle Dienste geleistet. Mit der Zeit kamen aber modernere Receiver auf den Markt, die noch mehr Möglichkeiten und irgendwann ab den Nullerjahren auch HD boten. Sie machten den 9200er allmählich überflüssig und dieser wanderte ins Lager im Keller. Dort hat er gefühlt 20 Jahre unbeachtet verbracht.

Dieser Tage sind wir wieder über ihn gestolpert und wir haben uns gefragt: „Lebt er noch?“ Also mitgenommen, im Büro aklimatisieren lassen und anschließen. Doch das geht gar nicht so einfach. Scart hat unsere 4K-Glotze nicht mehr und einen alten Fernseher mit Bildröhre raufschleppen… zu beschwerlich! Aber Adapter helfen da weiter. Der große Augenblick ist da. Und er ist mindestens so spannend wie damals, als wir das Gerät das erste Mal in Betrieb genommen hatten. Das Display leuchtet schon mal. Nach Betätigen des Start-Buttons zeigt es zunächst „INIT X1“ und zählt bis „INIT X4“ hoch. Nun tut sich auch auf dem Bildschirm was. Zunächst erscheint das DVB2000-Logo und dann begrüßt uns ein Totenkopf mit Säbeln und aufgesetzter Weihnachtsmann-Mütze. „Merry X-mas“ steht darüber geschrieben. Absolut passend für den Sommer.

Der Startvorgang ist binnen 29 Sekunden abgeschlossen. Da braucht manche modernere Box deutlich länger. Zunächst bleibt der Bildschirm jedoch schwarz. Kein Wunder. Die eingespielte, inzwischen als Kult zu betrachtende Senderliste beinhaltet viele Stationen, die es heute nicht mehr gibt. Darunter der ZDF-Theaterkanal, EinsMuXx, EinsFestival und eine Menge alter Premiere-Kanäle. Etliche Sender finden wir unter falschen, überalteten Stationsbezeichnungen, wie etwa das rbb Fernsehen unter B1 Berlin.

Stichwort Pay-TV

Mediamaster 9200, Betacrypt
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Auch der Mediamaster 9200 ließ sich nachträglich mit einem Betacrypt-Modul für Pay-TV nachrüsten. Heute ist es nutzlos

Der Mediamaster 9200 war nur für den Empfang freier Programme vorgesehen. Da er aber im Grunde „nur“ eine d-Box war, der man das Betacrypt-Decodiermodul entnommen hatte, ließ sich der Receiver zumindest technisch leicht für den Empfang verschlüsselter Sender hochrüsten. Allerdings war es nicht ganz leicht, an ein Betacrypt-Decodiermodul heranzukommen. Dessen Abmessungen wichen noch erheblich von den heute bekannten CI-Modulen ab. Zudem besaß es noch keinen Kartenschlitz, weshalb im Mediamaster und in der d-Box, die auch die Bezeichnung Mediamaster 9500 trug, neben dem Modul ein separater Kartenleser mit entsprechendem Schlitz an der Gerätefront eingebaut war.

Diese Nachrüstoption war deshalb interessant, weil damit zugleich auch die digitale Pay-TV-Piraterie ihren Anfang genommen hatte. Unterstützt wurde dieses illegale Treiben durch die wachsende Verbreitung von Computern in den Haushalten und das ebenfalls noch recht neue Internet. Sofern man sich eine Keycard für Tür-Schließanlagen, unter dieser Bezeichnung wurden damals programmierbare Smartcards für das codierte Satelliten-Fernsehen angeboten, und ein Programmiergerät zugelegt hatte, konnte man, ausgestattet mit dem entsprechenden Hintergrundwissen, viele Pay-TV-Pakete selbst öffnen. Auf diese Weise konnte man alleine auf Astra nicht nur DF1, sondern auch Pay-TV-Pakete aus Spanien, den Niederlanden und mehr sichtbar machen. Alles selbstverständlich streng illegal.

Funktionen des Mediamaster

Mediamaster 9200, Expertenmenü
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Das eigentliche Highlight von DVB98/2000 war das sogenannte rote Experten-Menü, das keine DXer-Wünsche offen ließ

Die alternative Privatsoftware DVB2000 hat den Mediamaster zu einer DX-Maschine gemacht, die ihrer Zeit jedenfalls um einige Jahre voraus war. Sie erlaubte das sichere Abspeichern von tausenden Digitalkanälen und machte die Box fit für den C- und Ku-Band-Empfang. Weiter konnten Dank DiSEqC 1.0 immerhin vier Satelliten-Positionen am Himmel direkt angesteuert werden.

Als besonderes Feature haben sich die DVB2000-Entwickler eine Fernsteueroption für analoge Dreh-Receiver einfallen lassen. Womit der Mediamaster zum Beispiel einem Echostar 8700 mitteilte, auf welche Satelliten-Position er die Antenne drehen sollte.

Mediamaster heute

Irgendwie fühlt man sich mit dem Mediamaster 9200 und der d-Box in die Zeit vor der Jahrtausendwende zurückversetzt. Zumindest, wenn man mit der alten, noch in den Geräten eingespielten Senderlisten konfrontiert ist. Erst bei ihrer Durchsicht fällt auf, wie sehr sich die digitale Sat-TV-Welt während des vergangenen Jahrhunderts verändert hat.

Mit seinen Funktionen kann der Mediamaster selbst heute noch mit neueren Boxen mithalten. Sein größter Nachteil ist allerdings, dass er sich nur auf den Übertragungsstandard DVB-S und das Komprimierungsverfahren MPEG-2 versteht. Damit beschränkt sich sein Em­pfang auf SD-Programme. Diese werden, zumindest in dem vom Mediamaster unterstützten Übertragungsstandard, immer weniger. Bereits in einem halben Jahr wird die SD-Ausstrahlung der ARD-Programme über Astra Geschichte sein. Abseits von 19,2 Grad Ost wird man heute zudem seine liebe Not haben, überhaupt noch Signale zu finden, die diese alten Boxen wiedergeben können. Wegen des fehlenden HDMI-Ausgangs lässt sich die Box zudem nur schwer an moderne TV-Geräte anschließen.

Fazit

Mediamaster, X-Mas
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Im Zuge der Hochlaufroutine begrüßt uns unser älterer Mediamaster mit einem Totenkopf und Schwertern und einem „Merry X-Mas“. Passend für den Sommer

Die d-Box und der Mediamaster führen uns zurück zu den Anfängen des digitalen Satelliten-Fernsehens. Sofern man sich auf den Empfang freier SD-Programme beschränkt, stellen sie heute durchaus noch zufrieden. Sonderfunktionen wie HbbTV, den Zugang zu Mediatheken und Restart sind mit ihnen freilich nicht möglich.

Obwohl diese Geräte heute noch genauso gut funktionieren wie vor 28 Jahren, so wurden sie von der Zeit längst überrollt. Heute schaut man mit HD ungleich schöner fern. Zudem haben uns Streaming-Funktionen individuelle Möglichkeiten geschaffen, von denen man um die Jahrtausenwende noch nicht einmal zu träumen gewagt hätte.

Heute muss man die d-Box und den Mediamaster 9200 vor allem als noch funktionierende Museumsstücke sehen. Tatsächlich wurden sie wirklich schon in Museen gesichtet. Vielleicht gönnt man ihnen zuhause einen Ehrenplatz in der Nostalgieecke und lässt die Arbeit einem modernen UHD-Receiver erledigen.

Text: Thomas Riegler / Redaktion: Felix Ritter

88 Kommentare im Forum
  1. Mit der flächendeckenden Umstellung auf QAM256 wurden die letzten d-boxen in Rente geschickt. Meine haben das nicht mehr vertragen.
  2. Ich habe auch noch eine d-box 1 und d-box 2 beides NOKIA im Abstellschrank stehen. Bis auf wenige Sender die man mit den d-boxen noch empfangen kann, sind sie ganz schnell wieder in den Abstellschrank gewandert. Aber immer wenn ich den Abstellschrank öffne, fällt mein Blick sofort auf die beiden d-box Geräte, wo alte Erinnerungen sofort wieder wach werden. Heute gibt es zwar Leistungsstarkere Geräte, die ihre Aufgabe viel besser machen können. Wenn man mal an die Pay TV Möglichkeiten denkt, ist mit den d-box Geräten heute nichts mehr zu machen. Das erledigt heute mein Vu+ Ultimo 4K an Stelle der d-box sehr gut. Doch wegwerfen werde ich die d-box Geräte auf keinen Fall. Ich bin gerade auch dabei mir eine Nostalgie Ecke aufzubauen, wo ich die beiden d-box Geräte und den damaligen Premiere Analog G1 Dekoder eine letzte Ruhestätte zukommen lassen werde und wo sie immer einen Blickfang von mir erhalten werden. Muss nur noch einen Platz finden, wo ich diese Nostalgie Ecke platzieren kann. Die Erinnerung an den Premiere Analog G1 Dekoder mit weißem Premiere Schlüssel so als auch die beiden d-box Geräte von Premiere und DF1 damals, sind immer wieder Erinnerungen, an die ich mich gerne erinnere. Schade nur, das diese Zeit lange vorbei ist!
  3. Ein wirklich genialer Satz. Nicht böse gemeint. Auf unserem Dachboden müsste noch eine d-box 1 mit Betanova rumfliegen, die meine Eltern tapfer ein halbes Jahrzehnt benutzt haben. Im Dezember 2004 wurden die d-box und der Analogreceiver durch einen um einiges angenehmer bedienbaren Telestar-Receiver ersetzt.
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