Alles wird vernetzt, vom Auto bis zur Waschmaschine, zeigt die Elektronik-Messe CES in Las Vegas. Aber noch können unterschiedliche Geräte nicht miteinander kommunizieren. Zudem drohen Risiken bei Sicherheit und Datenschutz.
Das „Internet der Dinge“ war schon seit Jahren ein populäres Schlagwort in der IT-Branche. Die diesjährige Elektronik-Messe CES in Las Vegas zeigt: Es ist soweit. Alle möglichen Geräte sammeln und teilen Daten – Fitness-Armbänder, Tennisschläger, Haustechnik. Zu sehen gab es auch eine Zahnbürste, die misst, wie gut geputzt wurde, ein Daten-Halsband für Hunde, das Aktivitätszeiten und Puls mitschreibt, sowie einen kleinen Clip, der vibriert, wenn man eine ungesunde Körperhaltung einnimmt. „Wir wollen alle Geräte smart machen“, gab Intel-Chef Brian Krzanich die Devise in Las Vegas aus.
Die Folge ist auch eine Datenlawine mit bisher unverstellbaren Ausmaßen. Bei einem Hersteller intelligenter Klimaanlagen zum Beispiel laufen Daten von seinen Geräten auf der ganzen Welt zusammen. „Wir sehen, wenn Leuten ihr Toast verbrennt oder Kohlenstoffmonoxid austritt“, heißt es auch beim Anbieter vernetzter Rauchmelder Nest. Die Firma Sense, die mit kleinen Sensoren den Alltag vereinfachen will, kann inzwischen anhand des Bewegungsmusters unterscheiden, ob jemand eine Pillendose tatsächlich benutzt hat oder nur an einen anderen Ort verschob. Das soll helfen, die Einnahme eines Medikaments nicht zu vergessen.
Die Anbieter nutzen den neuen Datenschatz, um ihre Software zu verbessern. Aber seit den NSA-Enthüllungen muss man davon ausgehen, dass auch Behörden darauf Zugriff haben können. Selbst beim schwedischen Netzausrüster Ericsson, der vom neuen Datenboom profitiert, mahnt Chef Hans Vestberg, die Zustimmung zur Datenübermittlung müsse viel bewusster gemacht werden.
Und selbst den guten Willen aller Anbieter vorausgesetzt, ist da noch das Sicherheitsproblem. Just zur CES wurde der Diebstahl von 70 Millionen Kundendaten beim US-Discounter Target bekannt. Sicherheitslücken tauchen auch in den besten Systemen auf. Da ist das vernetzte Auto, das in Las Vegas in die erste Reihe fuhr, besonders empfindlich. „Sie wollen nicht, dass jemand über die WLAN-Schnittstelle sich an ihren Bremsen zu schaffen macht“, gibt Kurt Sievers vom Chip-Spezialisten NXP zu bedenken. Im Auto gebe es deshalb besonders scharfe Sicherheitsvorkehrungen.
Noch allerdings ist eine wirklich vernetzte Welt trotz vorhandener technischer Möglichkeiten eine Vision. Denn Geräte verschiedener Hersteller und aus unterschiedlichen Kategorien können oft nicht miteinander kommunizieren. „Die Industrie zeigt den Verbrauchern Videos, in denen ein digitaler Thermostat zum Beispiel mit der Alarmanlage kommuniziert – aber in den meisten Fällen würde das gar nicht funktionieren, denn jeder Anbieter versucht, seine Insellösungen im Markt zu etablieren“, sagt der zuständige Intel-Manager Mike Bell.
Beim deutschen Elektrokonzern Bosch, einem führenden Entwickler von Sensoren, die die Grundlage für die Vernetzungs-Revolution sind, zeigt man sich überzeugt, dass es nicht so bleiben wird. „Es wird eine Standardisierung kommen, in weniger als fünf Jahren“, sagt der Geschäftsführer der Tochter Sensortec, Stefan Finkbeiner. „Das werden die Verbraucher auch fordern. Denn dadurch kommt erst der Mehrwert.“ Bosch hat sich bereits mit LG, ABB und Cisco zusammengetan, um Standards zu etablieren. Andere Anbieter setzen auf eigene Formate.
Neben den Möglichkeiten zum Datenaustausch geht es bei Standards auch um die Form: Wenn zum Beispiel Sicherheitsanlagen-Anbieter einen Sensor in einer Haustür anbringen wollen, würde ihnen ein dafür vorgesehener fester Platz mit einer bestimmten Form helfen.
Die Standardisierung ist auch notwendig, damit die Industrie das Potenzial des neuen Geschäfts ausschöpfen kann. Und es geht um viel Geld: Die Marktforschungsfirma Gartner rechnet für 2020 mit einem Umsatz von 300 Milliarden Dollar. [Andrej Sokolow]
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