Computer führen heute jeden Befehl aus, doch was, wenn sie auch mitdenken könnten? Das Thema künstliche Intelligenz ist auch auf der Cebit 2016 en vouge. Und Deutschland könnte hier zum Vorreiter werden.
Das Match ist noch nicht zu Ende, doch Go-Meister Lee Sedol hat schon verloren. Erstmals besiegte mit AlphaGo von Google eine Maschine einen Menschen in dem über 2000 Jahre alten Brettspiel – und das gleich in drei Spielen in Folge. Go galt bislang als viel zu komplex, als dass ein Computer mithalten könnte. Nun erstaunte AlphaGo selbst Kenner mit Zügen, auf die ein Mensch nie gekommen wäre. In Sachen künstlicher Intelligenz dürfte damit Google derzeit die Krone aufhaben, sagt Jo Bager, Redakteur beim Fachmagazin „c’t“, am Montag auf der CeBIT in Hannover. Andernfalls hätte sich kein Unternehmen einen solchen medialen Coup entgehen lassen.
Auf der IT-Messe sorgt indes auch IBM für Aufmerksamkeit. Der kleine Roboter „Pepper“ eroberte bereits die Herzen der Messebesucher des Mobile World Congress in Barcelona im Sturm. Entwickelt wurde er von der französischen Firma Aldebaran, die inzwischen dem japanischen Mobilfunk-Konzern Softbank gehört, die Technologie von IBMs Supercomputer Watson macht ihn intelligenter.
In Japan sind von dem 1,20 Meter kleinen Roboter mit den schwarzen Knopfaugen rund acht Monate nach dem Verkaufsstart bereits 10 000 Stück im Einsatz – auch in privaten Haushalten. „Wir erwarten, dass die technologische Entwicklung rasant fortschreitet“, sagte Martina Koederitz, Chefin von IBM Deutschland, der dpa. Der Einsatz werde in den jeweiligen Ländern auch von kulturellen Faktoren abhängen.
„Pepper“ spricht 20 Sprachen und erkennt anhand des Gesichtsausdrucks die Emotionen seines Gesprächspartners. Auch auf der CeBIT ist er wieder mit seinem „kleinen Bruder“ mit Namen „Nao“ unterwegs. Der soll künftig in der Hotelkette Hilton bei der Betreuung der Gäste aushelfen. Im Hotel in McLean, Virginia, soll der dort „Connie“ genannte Roboter auf touristische Attraktionen hinweisen und die Ausstattung der Zimmer erklären.
Hinter den knuddeligen Robotern arbeitet IBMs „Watson“, eine Technologie, die künftig für das Internet der Dinge in München eine europäische Zentrale erhalten soll. Es sei für IBM das größte Zentrum für entsprechende Entwicklungen außerhalb der USA, betonte Koederitz. Dort solle erprobt werden, wie etwa die Fertigung mit Hilfe der Technologie automatisiert und die verschiedensten Dinge, seien es Traktoren, Autos oder Lampen, vernetzt werden könnten. Auch „Pepper“ könne künftig etwa bei der Lösung demografischer Herausforderungen helfen. So könne die Robotertechnik für die Begleitung älterer Menschen eingesetzt werden, damit diese länger unabhängig zu Hause bleiben könnten. „Eine Frage ist auch, wie wir die Systeme etwa in der Weiterbildung nutzen können.“
„Watson“ hatte 2011 für Aufsehen gesorgt, als das System in der Quizsendung „Jeopardy“ erstmals zwei menschliche Gegner schlagen konnte und die Rekordsumme von einer Million Dollar einstrich. Mit der Technologie will IBM vor allem die Fähigkeit von Maschinen beim Verstehen der natürlichen Sprache des Menschen voranbringen. „Wir sprechen nicht von künstlicher Intelligenz, sondern von kognitiver Interaktion“, sagt Koederitz. Dabei gehe es darum, die verschiedensten Typen von Daten zu verstehen und sie in einen Kontext zu setzen.
Künstliche Intelligenz, kognitive Interaktion, „Deep Learning“ oder neuronale Netze – derzeit herrsche geradezu ein „Begriffswirrwarr“, die Disziplin habe eine Vielzahl von Techniken und Bezeichnungen hervorgebracht, sagt „c’t“-Redakteur Bager. Bisher hatte es für entsprechende Lösungen und selbstlernende Systeme einfach an der nötigen Rechenleistung gefehlt. Die ist heute verfügbar – und das Thema erlebt eine Renaissance.
Deutschland könnte bei der weiteren Entwicklung dabei eine führende Rolle einnehmen. Das größte Zentrum für Künstliche Intelligenz gebe es in Deutschland, nicht in den USA, betonte Wolfgang Wahlster, Geschäftsführer des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz DFKI in Saarbrücken. In der Forschung gehe man dort ans Limit, sagte der Professor am Montag auf der CeBIT. Hierzulande würden aber keine falschen Versprechungen an die Industrie gemacht wie etwa in den USA. Vielfach würden dort große Hoffnungen geschürt, was künftig alles möglich sein könne, es gebe viele „Marktschreier“. Damit kämen jedoch auch erst die Rückschritte. „Große Unternehmen wie Google und Microsoft kommen deshalb alle zu uns.“
Neben Google und Microsoft sind auch Yandex, Baidu oder Facebook an der Entwicklung dran. „Alle Unternehmen scheinen auf der Suche nach Köpfen zu sein. In den USA ist der Markt schon leergefischt“, sagt Bager. Dabei geht es zum Beispiel auch darum, dass Computer mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Bildinhalte erkennen und entsprechend zuordnen können. Oder selbst in der Manier berühmter Maler Bilder malen. [Renate Grimming/fs]
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