Die BBC steht in Verhandlungen über ein neues Online-Projekt, mit dem Zuschauer alte und neue Sendungen aus dem Archiv des britischen Rundfunks gegen Gebühr downloaden können. Das Unternehmen hofft, mit dem Service auch iTunes Konkurrenz zu machen.
Nach Informationen des Branchendienstes „Paidcontent“ sollen dieShows für eine Gebühr in Höhe von 1,89 Pfund (etwa 2,25 Euro) proSendung zur unbegrenzten Nutzung runtergeladen werden können. Unter demNamen „Project Barcelona“ wurde das Vorhaben bereits mit unabhängigenProduzenten verhandelt, die einen Teil der Sendungen herstellen.
Diese sind mit dem BBC-Plan generell einverstanden, da der Service eine neueEinkommensquelle sowie eine Abwehrmaßnahme gegen Piraterie darstellenkönnte. Allerdings haben die Produzenten unter ihrer Dachorganisation Pactbisher noch kein definitives Einverständnis abgegeben. Grunddafür seien Unklarheiten über die Gewinnaufteilung, Exklusivität der Inhalteund die mögliche negative Beeinflussung von DVD-Verkäufen. Die BBC hatdas Projekt bisher noch nicht offiziell angekündigt.
Momentanzahlen britische Zuschauer bereits 145,50 Pfund (173,48 Euro) Rundfungebühren im Jahr und können neue Fernseh- und Radiosendungen der BBC über den hauseigenen iPlayer bis zu 30 Tage nach derErstausstrahlung auf mehreren Plattformen nutzen. Danach gehen die Lizenzrechte an den Vermarkter BBC Worldwide, der sie kommerziellen Dienstenwie iTunes oder Blinkbox für die Vermarktung als Bezahlinhalt anbietet.
Allerdingswerdem auf diesem Wege nur sieben Prozent des gesamten BBC-Archivs überDrittanbieter angeboten. Deshalb sollen nun auch die übrigen 93 Prozentmit einem eigenen Service verfügbar gemacht werden. Eine wichtigeÄnderung wäre hierbei, dass auch neue Sendungen direkt nach Ausstrahlungzum Download bereit stünden und nicht nur ältere Shows. Ziel von Project Barcelona sei dabei,zu einem angemessenen Preis nicht-kommerzielle Programme anzubieten, die auf demregulären Markt aufgrund der niedrigen Gewinnspanne und des damit einhergehendenRisikos nicht vertreten sind.
Den Produzenten versucht die BBC das Ganze mit hohen Gewinnanteilen schmackhaft zu machen. Mit durchschnittlich 40 Pence (ca. 48 Cent) pro Sendung liegt das Angebot deutlich über den 28 Pence (etwa 33 Cent) sowie dem 30-prozentigen Kommissionsanteil von iTunes. Bei Project Barcelona würden auch die laufenden Kosten, beispielsweise für das Encoding der Dateien, von der BBC für die Produzenten übernommen werden.
Seitens des Rundfunks wird erwartet, innerhalb der nächsten fünf Jahre mindestens 13 Millionen Pfund (etwa 15,5 Millionen Euro) Umsatz für die unabhängigen Produzenten erzielen zu können. Zudem erlaubt das neue Vorhaben nicht-exklusive Verträge, so dass die Urheber ihre Inhalte auch bei iTunes und anderen Online-Services anbieten können.
Doch auch wenn sich die BBC schließlich die volle Unterstützung der Hersteller sichern kann, muss der Plan vor seiner Realisierung noch vom Gremium des BBC Trust abgesegnet werden. Dort werden bei einer öffentlichen Anhörung zum Projekt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder zahlreiche Gegenstimmen zu jeglichen Plänen laut werden, die weitere Gebühren für dieInhalte des Zuschauer-finanzierten BBC verlangen.
Sollte das Projekt bewilligt werden, würde die BBC damit auch den Forderungen der britischen Regierung entgegen kommen, welche das Senderkonglomerat erst kürzlich dazu aufrief, mehr eigenes Einkommen zu generieren und die kommerziellen Geschäfte auszubauen (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete). In Deutschland prüft aktuell das Bundeskartellamt Pläne für ein ähnlich angelegtes kommerzielles TV-Archiv von ARD und ZDF. Der Arbeitstitel lautet „Germany’s Gold“. [sv]
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