Die Landesmedienanstalten in Deutschland und zahlreiche Hersteller haben mit Überraschung auf die von DIGITAL FERNSEHEN enthüllten Pläne von ARD und ZDF reagiert, künftig digitale Kopierschutzmaßnahmen für hochauflösenden Ausstrahlungen einzusetzen.
Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), die sich aus den Direktoren und Präsidenten der 14 deutschen Landesmedienanstalten zusammensetzt, ließ über Ihren Sprecher Axel Dürr von der baden-württembergischen LFK verlauten: „Der ZAK liegen bislang zu wenig Informationen über mögliche Pläne von ARD und ZDF zum Thema DRM für HD-Content vor“.
Gleichwohl sehen die Medienhüter dringenden Klärungsbedarf. Die Landesmedienanstalten würden sich bereits in den nächsten Wochen in verschiedenen Organisationen und Gremien mit den öffentlich-rechtlichen Sendern über deren Pläne und mögliche DRM-Szenarien austauschen, versicherte Dürr. Erst, wenn diese Informationen vorlägen, könne die ZAK konkret zu weitergehenden Fragen Stellung nehmen.
Weniger unvorbereitet traf die Anfrage von DIGITAL FERNSEHEN die Vertreter der Privatsender-Interessenvertretung VPRT. Der Verband habe auf die Notwendigkeit des Rechteschutzes sowohl mit Blick auf Vorgaben der Rechteinhaber als auch auf Piraterie schon immer hingewiesen, äußerte Sprecher Hartmut Schultz. „Wir denken auch nicht, dass die Lizenzgeber bei ihren Anforderungen danach unterscheiden, ob es sich um einen privaten oder einen öffentlich-rechtlichen Lizenznehmer handelt“, so Schulz. Hersteller von DVB-CPCM kalt erwischt
Der DVB-CPCM-Standard sei zudem öffentlich und damit auch im Markt bekannt, so der Sprecher des VPRT. Die Bedeutung des Signalschutzes wäre „auch den Endgeräteherstellern nicht neu“. Das sieht die Branche offenkundig anders. Marketingchef Frederik Maas von Telestar etwa äußerte gegenüber DIGITAL FERNSEHEN: „Nach Rücksprache mit Herrn Kirwel und unserem technischen Leiter Herrn Conrad kann ich Ihnen mitteilen, dass auf Telestar noch niemand wegen dieses CPCM-Systems zugekommen ist“.
Vantage-Geschäftsführer Steven Enseroth sagte, er könne „im Moment nicht wirklich viel zu diesem Thema (…) sagen, da es mir neu ist“. Auch beim Receiver-Hersteller Strong heißt es: „Derartige Planungen sind uns bis jetzt nicht bekannt“. Eine Implementierung von DVB-CPCM werde erst erfolgen, „sofern sie zwingend erforderlich ist“. Ratlosigkeit herrscht bei Sony Deutschland, wo man fälschlicherweise annimmt: „Da unsere TV Geräte keine Aufnahmemöglichkeit bieten, können wir hierzu keine Aussage machen.“
Die mangelnde Aufklärung insbesondere auf Seiten der Hersteller ist mehr als überraschend. In einer gemeinsamen Erklärung von ARD und ZDF hatteZDF-Sprecher Alexander Stock gegenüber DIGITAL FERNSEHEN bestätigt, beide Sender hätten „mit der EBU, Rechteinhabern und der Geräteindustrie an einem Standard gearbeitet, der die unautorisierte Verbreitung von Inhalten über das Internet verhindern soll“. Er schloss mit dem Appell, jetzt bleibe „die Endgeräteindustrie aufgerufen, entsprechende Geräte im Markt anzubieten“.Offene Fragen an ARD und ZDF
Eine neuerliche Anfrage von DIGITAL FERNSEHEN an ARD und ZDF läuft. Die Frage, warum die öffentlich-rechtlichen Sender einerseits unter Verweis auf Vorgaben der Film- und Sportbranche die Einführung eines digitalen Kopierschutzes als notwendig formulieren, andererseits trotz mehrjähriger Vorbereitungen im Bereich DVB-CPCM ihrerseits die Hersteller von Empfangsgeräten nicht auf die Implementierung des Standards vorbereitet haben, bleibt bis dahin unbeantwortet.
Alle Hintergründe zu den Plänen von ARD und ZDF lesen Sie in unserem Exklusivbericht vom vergangenen Freitag. Über die technischen Hintergründe von DVB-CPCM klären wir Sie an dieser Stelle auf.
Weitere Einzelheiten zum Damoklesschwert CPCM (Content Protection CopyManagement), das bei den öffentlich-rechtlichen Sendern über den Köpfender Zuschauer schwebt, erfahren Sie in der aktuellen DIGITAL FERNSEHEN 1/2011.In unserem vierseitigen Schwerpunkt erläutern wir Ihnen auch alletechnischenHintergründe. Ferner finden Sie exklusive Statements der European BroadcastingUnion und weiterer Branchenvertreter sowie Informationen zu einerähnlichen Lösung, die bereits bei der britischen BBC zum Einsatz kommt. [ar]
Bildquelle:
- Technik_Video_Artikelbild: Technik_Video_Artikelbild.jpg: © lassedesignen - Fotolia.com