Kosmonaut Waleri Poljakow, einst 437 Tage auf der Raumstation Mir, ist gestorben | Esa schlägt vorerst keine eigene Kapsel für Astronauten vor | Astronautin Cristoforetti bald erste europäische ISS-Kommandantin
Die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti wird bald als erste Frau aus Europa Kommandantin auf der Raumstation ISS sein. „Ich fühle mich durch meine Berufung auf den Kommandantenposten geehrt und freue mich, von der Erfahrung, die ich im All und auf der Erde gemacht habe, zu zehren, um ein sehr fähiges Team im Orbit zu leiten“, zitierte die Europäische Raumfahrtagentur Esa Cristoforetti in einer Mitteilung. Die Astronautin soll den Posten nächste Woche übernehmen.
Wenn Cristoforetti am 28. September bei der symbolischen Übergabezeremonie den Schlüssel vom vorherigen Kommandanten bekommt, wird sie die fünfte Person aus Europa auf dem Posten sein. Vor ihr war unter anderem der deutsche Astronaut Alexander Gerst Kommandant.
Kommandantinnen und Kommandanten auf der Raumstation müssen unter anderem dafür sorgen, dass die Crew zusammenhält und die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen auf der Erde gut klappt. Cristoforetti wird laut Esa auch die Übergabe an das nächste Team aus Astronautinnen und Astronauten auf der ISS vorbereiten.
Esa schlägt vorerst keine eigene Kapsel für Astronauten vor
Ohne fremde Hilfe dürfte auch in näherer Zukunft kein europäischer Astronaut ins All fliegen. Die mittelfristigen Pläne der europäischen Raumfahrtagentur Esa, die im November im Esa-Ministerrat diskutiert werden sollen, beinhalten keine eigene Raumkapsel zum Transport von Menschen ins All, sagte Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher. Das sei nicht Thema der Ministerrats-Vorbereitungen. Der Esa-Ministerrat tagt regelmäßig und gibt der Esa sowohl Richtung als auch Budget vor.
Für die zweite Hälfte des Jahres 2023 sei aber ein Weltraumgipfel von EU und Esa geplant, sagte Aschbacher. Dort werde darüber gesprochen werden, ob man in der Lage sein sollte, selbstständig Astronauten ins All zu schicken. Das sei eine Diskussion, „die auch politisch und gesellschaftlich geführt werden muss“.
Das Konzept für den Ministerrat beinhalte bereits technologische Vorstudien, um im Fall einer positiven Entscheidung im kommenden Jahr schnell mit entsprechenden Arbeiten beginnen zu können. Bislang ist die Esa darauf angewiesen, dass ihre Astronauten in US-amerikanischen oder russischen Raumfähren mitfliegen. In der Vergangenheit – insbesondere nach dem russischen Angriff auf die Ukraine – stand immer wieder die Forderung im Raum, dass Europa in der Lage sein sollte, selbstständig Astronauten ins All zu bringen.
Die Vorschläge für den Ministerrat beinhalten unter anderem den Mondtransporter „EL3“, wie Aschbacher sagte. „EL3“ soll in der Lage sein, regelmäßig etwa 1,5 Tonnen Material auf den Mond zu bringen.
Kosmonaut Poljakow tot – Weltrekord für längsten Aufenthalt im All
Der russische Kosmonaut Waleri Poljakow ist nach offiziellen Angaben bereits am 7. September im Alter von 80 Jahren gestorben. Die russische Weltraumbehörde Roskosmos teilte mit „Bedauern den Tod des Helden der Sowjetunion, des Helden Russlands, des sowjetischen Piloten und Kosmonauten und des Weltrekordhalters für den längsten Flug ins All (437 Tage), Waleri Poljakow, mit“. Poljakow war Arzt und gehörte seit den 1970er Jahren zum sowjetischen Raumfahrtprogramm. Als Kosmonaut flog er in den 1980er- und 1990er-Jahren zweimal zur Weltraumstation Mir.
Während der Raumfahrtmission Sojus TM-18 von 1994 bis 1995 war er insgesamt 437 Tage, 17 Stunden und 58 Minuten im All. Damit hält er bis heute den Weltrekord für einen Langzeitaufenthalt. Insgesamt verbrachte Poljakow mehr als 678 Tage im Weltall.
Allerdings verließ der Kosmonaut im Gegensatz zu den meisten anderen seiner Kollegen niemals die Weltraumstation für einen Außeneinsatz im freien Kosmos. Poljakow schrieb mehr als 50 wissenschaftliche Arbeiten zur Raumfahrtmedizin. Der Familienvater hinterlässt Frau und Tochter sowie zwei Enkelkinder.
Bildquelle:
- df-mir-atlantis: nasa.gov