Spätestens seit Curiousity ist der Mars zum neuen großen Ziel der Raumfahrt geworden. Der ehemalige deutsche Astronaut Ulrich Walter hällt eine bemannte Landung samt Rückreise 2046 für denkbar. Zudem verriet er im Interview, wieso die ESA bei großen Missionen nicht mitmischen kann.
Er arbeitete an Forschungsreaktoren, untersuchte Materialien wie Seltene Erden, flog ins All und entwickelte Weltraumroboter: Der Physiker und frühere Astronaut Ulrich Walter hat ein breites Spektrum. Zu seinem 60. Geburtstag am 9. Februar sprach er im Interview über die Möglichkeit, zum Mars zu fliegen und darüber, wieso die ESA bei solch großen Missionen nicht mitmischen kann.
Wann werden die ersten Menschen auf dem Mars landen?
Ulrich Walter: „Mars One“ ist eine bemannte Mission ohne Rückflug und will 2024 starten. Weil der Mars keine Atmosphäre hat, kann man keinen Fallschirm benutzen. Die Chance, dass die heil auf dem Mars landen, schätze ich auf nicht mehr als 20 Prozent, und mehr als zwei Monate auf dem Mars zu überleben auf zehn Prozent. Also ich würde da keinesfalls mitfliegen. Die Technologien sind zwar da, aber noch nicht so zuverlässig, wie wir wollen.
Trotzdem wollen Menschen unbedingt mitfliegen?
Walter: Ja, mehr als 200 000 Menschen haben sich für das Projekt „Mars One“ beworben. Das Konzept basiert darauf, dass Teilnehmer nicht zur Erde zurückkehren. Gründe sind der enorme technische Aufwand und die damit verbundenen riesigen Kosten. Missionen mit Hinfliegen, Fuß draufsetzen und wieder zurückfliegen sind nur alle 15 Jahre möglich. Es muss eine besondere Konstellation zwischen Erde und Mars herrschen, die Rückflüge zeitlich besonders günstig macht. Sie tritt nur alle 15 Jahre ein. 2031 wäre ein gutes Fenster für einen Hinflug, aber bis dahin werden die Amerikaner und Russen mit den Vorbereitungen noch nicht so weit sein. Die nächste gute Möglichkeit ist dann erst wieder 2046.
Sind die Europäer mit der Weltraumorganisation ESA gar nicht im Rennen?
Walter: Das Problem ist: Die ESA ist die Summe von 20 Staaten. Wenn sie ein großes bemanntes Programm machen wollen, müssen alle Staaten zustimmen und dazu beitragen. Das klappt aber nie. Sie können daher nur Programme machen mit ein paar hundert Millionen Euro von nur einigen Staaten, die sagen: Ja, daran sind wir interessiert. Außerdem müssen die Minister der Staaten alle drei bis vier Jahre neu entscheiden. Die NASA sagt hingegen einfach: Wir machen jetzt mal ein Programm für zehn Jahre – und dann hält sie sich daran. Das kann die ESA nie machen. Forschungsmodule zum Shuttle oder Weltraumstationen wie Spacelab oder Columbus sind die einzige Art, wie die ESA überhaupt einen Beitrag zur bemannten Raumfahrt leisten kann.
Die Forderung nach einem bemannten europäischen Zugang zum All in Form einer eigenen Trägerrakete ist also nicht realisierbar?
Walter: Genau. Die ESA baut vor allem Umwelterkundungssatelliten, die kosten nur einige Millionen Euro und das kann man sich leisten. Alles, was die ESA macht, ist wissenschaftlich höchst interessant. Aber man kann es der Öffentlichkeit kaum rüberbringen.
Frage: Die Menschen fürchten angesichts fortschreitender Techniken immer mehr Überwachung auch aus dem All.
Walter: Es geht natürlich zu immer höheren Auslösungen. Man ist im kommerziellen Bereich bei etwa 30 Zentimetern, im militärischen Bereich bei 10 Zentimetern. Alles, was so groß ist, sieht man als ein Pixel. Deshalb braucht niemand Sorge zu haben, dass sein Nummernschild lesbar ist. Das ist zu klein. Wenn man noch genauer werden wollte, nähme der Aufwand immens zu. Doppelte Auflösung heißt hier zehn Mal höhere Kosten. Ein kommerzieller Satellit kostet etwa 400 Millionen, ein militärischer zwei Milliarden Euro. Um Nummernschilder zu lesen, bräuchte man Satelliten für 100 Milliarden Euro. Da hört der Spaß auf. Es gäbe dafür auch gar nicht mehr die Speicher.
Wohin geht es dann bei der Satellitentechnik?
Walter: Der Trend geht mehr zur Echtzeitfähigkeit. Das Interesse ist weniger das Nummernschild als: Wann ist wo Getreide reif, wann muss man dieses Feld abernten? Welches Virus oder welcher Schädling hat das Feld befallen? China und Indien machen das schon im großen Umfang. Mit heutigen Technologien könnte man auch jeden Tag einen Waldschadensbericht machen, der viel genauer ist als der bisherige. Das haben die Förster aber verhindert. In der Echtzeit sehen sie auch den Tsunami kommen. Und in Echtzeit können sie anderen besser auf die Finger schauen, zum Beispiel Syrien oder Iran.
Vielen Dank für das Gespräch.[Interview: Sabine Dobel/fm]
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