Europa will sich in Sachen Navigation von den USA und Russland emanzipieren. Mit dem Satelliten-System Galileo wurde ein Prestigeprojekt gestartet, das ab Donnerstag erstmals Daten zur Verfügung stellt.
Nach vielen Verzögerungen und Pannen sind erste Dienste des europäischen Satelliten-Navigationssystems Galileo startklar. Sie sollen an diesem Donnerstag erstmals Behörden, Firmen und Bürgern zur Verfügung stehen, wie die Brüsseler EU-Kommission am Mittwoch mitteilte. Die Satelliten und die nötige Infrastruktur auf der Erde seien nun bereit. Mit dem milliardenschweren Prestigeprojekt will Europa unabhängiger werden vom US-System GPS, dem russischen Glonass sowie den Alternativen, die gerade in anderen Weltregionen entstehen.
Mit Hilfe der Galileo-Satelliten können Rettungsdienste, Autofahrer und Handynutzer in Europa künftig auf bessere Navigationsdaten zurückgreifen. Mit dem neuen System soll es zum Beispiel möglich werden, auf See oder in den Bergen vermisste Menschen innerhalb von nur zehn Minuten zu finden, wenn sie einen mit Galileo verbundenen Notruf absetzen.
Galileo kann allerdings nur genutzt werden, wenn Gerätehersteller sich auf die neuen Dienste ausrichten. Zwar stellen viele große Chipproduzenten nach EU-Angaben schon mit Galileo kompatible Produkte her, lediglich zwei Smartphone-Modelle auf dem Markt haben die Technik demnach aber bereits eingebaut.
Ab 2018 soll jedes neue Fahrzeugmodell in Europa mit Galileo ausgerüstet sein. Das soll die Navigation verbessern und das Notruf-System «e-Call» ermöglichen, das bei einem Unfall automatisch einen Notruf absetzt. Besonders in Städten, wo hohe Gebäude Satellitensignale stören können, wird der kostenlose Dienst laut EU-Kommission die Navigation verbessern.
Bei Naturkatastrophen oder Terrorangriffen sollen die Behörden mit Hilfe von Galileo zuverlässig und verschlüsselt kommunizieren können. Da die Satelliten auch eine genaue Zeitmessung ermöglichen, profitieren zum Beispiel auch Banken, die bestimmte Finanztransaktionen punktgenau abwickeln müssen.
Die Dienste sind laut EU-Kommission hochpräzise, die Signale werden in der Startphase aber nicht jederzeit verfügbar sein. Deshalb soll das Angebot vorerst zusammen mit anderen Satelliten-Navigations-Systemen wie GPS funktionieren. Derzeit sind 18 Galileo-Satelliten im All, bis 2020 sollen es 30 sein – dann soll Galileo auch voll einsatzfähig werden.
Ursprünglich sollten erste auf Galileo basierende Angebote schon 2008 zur Verfügung stehen. Wegen Streitigkeiten unter den Partnerländern gab es aber immer wieder Verzögerungen. Auch wegen Kostensteigerungen kam das europäische Prestigeprojekt immer wieder in die Kritik. Zudem gab es Pannen – 2014 zum Beispiel wurden zwei Satelliten in einer falschen Umlaufbahn ausgesetzt. [dpa/buhl]
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