An Bord von „Apollo 8“ verbrachten drei US-Astronauten vor 50 Jahren erstmals in der Menschheitsgeschichte Weihnachten im All. An Heiligabend gelang William Anders dabei zufällig ein Foto, das die Sicht der Menschheit auf die Erde für immer verändern sollte.
Mit heißem Kakao, Zuckerplätzchen, Hühnchen, Maissuppe und Orangensaft feierten die drei US-Astronauten Frank Borman, James „Jim“ Lovell und William Anders 1968 als erste Menschen Weihnachten im Weltraum. „Ich hoffe, ihr hattet alle bessere Weihnachtsessen heute als unseres“, gab Anders danach zur Erde ins Kontrollzentrum durch.
Das magere Festmahl hatte die Astronauten nicht besonders begeistert – dafür aber eine ganz andere Erfahrung an Heiligabend vor genau 50 Jahren. Zweimal hatte das Raumschiff den Mond nach dem Start der „Apollo 8“-Mission am 21. Dezember 1968 schon umkreist, da änderte Kommandant Borman ein klein wenig dessen Ausrichtung – und traute seinen Augen nicht. „Oh Gott! Seht euch dieses Bild da an“, rief er. „Hier geht die Erde auf. Mann, ist das schön!“
Kollege Anders griff nach einer schwedischen Hasselblad-Kamera, schraubte das längste deutsche Zeiss-Objektiv drauf, das er finden konnte, legte einen Farbfilm ein und knipste los. „Ich habe einfach klick-klick-klick-klick-klick gemacht“, erinnerte sich Anders später. Heraus kam eines der wohl bekanntesten Fotos der Welt: „Earthrise“ (Erdaufgang).
Von der US-Raumfahrtbehörde später unter der schlichten Nummer „AS08-14-2383“ veröffentlicht, veränderte das Bild die Sicht der Menschheit auf unseren Planeten. Es wurde zum Symbol für die Fragilität und Isolation der Erde und wird von vielen sogar als Auslöser für die Umweltbewegung angesehen. „Earthrise“, aufgenommen Jahrzehnte vor der Erfindung von Digitalkameras und Social Media, inspiriert auch bis heute Astronauten wie den deutschen Alexander Gerst, der von seinen beiden Ausflügen zur Internationalen Raumstation ISS immer wieder Fotos im Internet geteilt hat.
„Earthrise“-Fotograf Anders, der heute längst im Ruhestand ist und auf den San Juan Inseln vor dem nordwestlichen US-Bundesstaat Washington lebt, findet sein Foto dagegen eigentlich nur „schlecht“. Es sei einfach nicht ganz scharf, sagte er jüngst der „Seattle Times“. Aber der Anblick der kleinen, blauen Erdkugel halb im Schatten hinter dem Horizont des grauen Mondes habe auch ihn verändert. „Hier sind wir, auf einem unbedeutenden Planeten, der um einen nicht besonders bedeutenden Stern herumfliegt, in einer Galaxie von Millionen Sternen, die nicht bedeutend ist, wo es doch Millionen und Abermillionen von Galaxien gibt im Universum – sind wir also wirklich so bedeutend? Ich glaube kaum.“
Das berühmteste Souvenir der „Apollo 8“-Mission, des ersten bemannten Fluges zum Mond, allerdings ohne Landung, war gar nicht geplant: Fotos von der Erde wie „Earthrise“ sollten die Astronauten eigentlich nicht machen, sondern Bilder und Videos vom Mond – schließlich waren sie auch die ersten Menschen, die mit eigenen Augen auf dessen Rückseite sahen.
Das taten sie auch und die Mission gilt bis heute als großer Erfolg und Beweis dafür, dass Menschen zum Mond geschickt werden können. „Seid informiert darüber, dass es einen Weihnachtsmann gibt“, rief Astronaut Lovell dem Kontrollzentrum zu, bevor die Crew am 27. Dezember sicher wieder auf der Erde landete. Bormann und sein Kollege Lovell waren bereits an Bord der „Gemini 7“-Mission 1965, bei der sich zwei bemannte Raumschiffe annäherten, zu engen Freunden geworden und teilten sich sogar eine Zahnbürste. In diesem Jahr wurden beide kurz nacheinander 90 Jahre alt.
Die Informationen, die beide gemeinsam mit ihrem Kollegen Anders während der „Apollo 8“-Mission sammelten, wurde für spätere Mondlandungen benutzt. „Ich bezeichne das immer als ironisch“, sagte Anders der „Seattle Times“. „Wir flogen hin, um den Mond zu entdecken. Aber was wir wirklich entdeckt haben, ist die Erde.“
[Christina Horsten]
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