Zehn Jahre nach dem Start ihrer ersten Mond-Sonde ist das Interesse der Volksrepublik China am Erdtrabanten ungebrochen. Neben politischen Zwecken ziehen Peking wirtschaftliche Interessen ins All.
Als die Sonde „Chang’e 1“ am 24. Oktober 2007 zu ihrer Reise in die Mondumlaufbahn aufbrach, war das ein stolzer Moment für China. Die „Mondgöttin“ lieferte detaillierte Aufnahmen der Oberfläche des Erdtrabanten.
Die Volksrepublik strebt ins All, will in den nächsten vier Jahren eine eigene Raumstation in die Erdumlaufbahn bringen und bereitet einen Ausflug zum Mars vor. Die größte Aufmerksamkeit gilt aber dem Mond. Gleich zwei anstehende Missionen dienen nicht nur politischen und militärischen Zwecken, sondern auch der Erforschung möglicher Energie- und Rohstoffquellen der Zukunft.
Auf „Chang’e 1“ folgte vor fünf Jahren der „Jadehase“, der als erster chinesischer Rover über den Mond kurvte. Zwei weitere Landefahrzeuge dürften bis 2020 folgen: Bei einer der Missionen ist die erste Landung auf der erdabgewandten Seite des Mondes geplant. Bei der zweiten soll die Raumsonde „Chang’e 5“ ein Roboter-Fahrzeug absetzen, Proben sammeln und diese zur Erde bringen. Es wäre das erste Mal, dass ein chinesisches Raumschiff mit Mondgestein zur Erde zurückkehrt.
Während beim letzten Flug der sowjetischen Mondsonde „Luna 24“ im Jahr 1976 nur 170 Gramm eingesammelt wurden, hatten die Apollo-Flüge der USA zwischen 1969 und 1972 mehr als 360 Kilogramm Mondgestein zur Erde gebracht. Auf neue Proben wartet nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Wirtschaft gespannt: Auf dem Mond werden neben Titan und Aluminium auch große Vorkommen von Helium-3 vermutet. Der Abbau des Stoffes sei derzeit zwar noch Zukunftsmusik. „Gelingt es, sprechen wir aber von einer potenziellen Energiequelle der Zukunft“, sagt Raumfahrt-Professor Jiao Weixin von der Peking Universität.
Das seltene Helium-3 ist einer der Stoffe, mit denen ein Fusionsfeuer gefüttert werden kann. Auf der Erde gibt es nach Schätzungen nur 15 Tonnen davon, doch rechnen chinesische Wissenschaftler mit Vorkommen auf dem Mond von mehr als einer Million Tonnen.
Unumwunden werden auch politische Ziele des Raumfahrtprogramms eingeräumt. Die anstehenden Mond-Missionen sollen dem Milliardenvolk demonstrieren, welchen Fortschritt die Nation unter der kommunistischen Führung gemacht hat. 2003 war China mit seinem ersten bemannten Raumflug nach den USA und Russland in den illustren Club der Staaten aufgestiegen, die aus eigener Kraft einen Astronauten ins All bringen können.
„Landen wir auf der abgewandten Seite des Mondes, dann ist das etwas, dass Russland und die USA bislang noch nicht vollbracht haben“, sagt Jiao Weixin. Trotz des großes Budgets sei aber auch Chinas Raumfahrtprogramm nicht vor Rückschlägen gefeit. Mehrere missglückte Startversuche mit der neuen Trägerraketen-Generation „Langer Marsch 5″ führten dazu, dass die nächste Mondsonde nicht wie zunächst angekündigt noch in diesem Jahr, sondern wohl erst 2019 starten wird. Probleme gab es auch bei der letzten Mond-Mission vor fünf Jahren. Mechanische Defekte führten dazu, dass der Kontakt zum „Jadehasen“ zwischenzeitlich abriss.
„Kinderkrankheiten“ seien das, mit denen sämtliche Raumfahrtnationen zu kämpfen hätten, so Jiao Weixin. Auch der US-Raumfahrtjournalist Leonard David ist überzeugt, das China seine Pläne erfolgreich vorantreiben wird. „Das derzeitige Programm läuft darauf hinaus, dass China auch wieder Menschen auf den Mond bringen wird“, sagt David. Noch ohne ein genaues Datum zu nennen, spricht auch Chinas Raumfahrtbehörde davon, in 15 bis 20 Jahren einen Anlauf für eine bemannte Mond-Mission machen zu wollen. [Jörn Petring]
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