Kann Nahrung auch unter extremen Bedingungen selbst angebaut werden? Mit einem Satelliten zur Tomatenzucht im All will das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt dieser Frage nachgehen. Bei Erfolg soll die Ernte als Astronautennahrung dienen.
Das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt will Ende 2017 einen Satelliten zur Tomatenzucht ins All schicken. Es gehe um ein System zur Nahrungsmittelproduktion, das sich selbst erneuere, erläuterte DLR-Vorstandsmitglied Hansjörg Dittus am Donnerstag in Berlin. Unter den wachsamen Blicken 16 kleiner Kameras sollen im All Samen keimen und zu kleinen Weltraum-Tomaten heranwachsen. Der Satellit soll eineinhalb Jahre lang in 600 Kilometer Höhe um seine eigene Achse rotieren und in seinem Inneren jeweils ein halbes Jahr lang die Schwerkraft von Mond und Mars sowie Schwerelosigkeit bieten. Wenn das Experiment glückt, ist die Ernte künftig als Astronautennahrung gedacht.
Für die Tomatenzucht im All wird am DLR-Standort Bremen ein Flugmodell gebaut und getestet. Am Jahresende soll der Satellit als Beiladung mit einer Trägerrakete der privaten Raumfahrtfirma Space-X abheben. „Wir nutzen eine Mitfluggelegenheit“, sagte Dittus. „Alles andere wäre unbezahlbar“. Allein der Transport ins All koste bereits fünf Millionen Euro.
Die Wissenschaftler wollen mit dem Satelliten eine Art Gewächshaus simulieren und testen, das auf Mond oder Mars im Inneren einer Astronauten-Siedlung stehen könnte. Die Idee ist, dass die Crew dort frische Lebensmittel anbauen kann. In einem geschlossenen System würden dabei Abfälle in Dünger umgewandelt. Als Quelle könnte auch der Urin der Astronauten dienen. Beim Testlauf im All dient bereits künstlicher Urin als Dünger. Augentierchen sind auch mit an Bord, um zum Beispiel Sauerstoff zu liefern.
Eine Frage ist, wie sich Pflanzen zum Beispiel an eine verminderte Schwerkraft anpassen. Auf dem Mond herrscht rund ein Sechstel der Erdanziehungskraft, auf dem Mars ein Drittel. In welche Richtung Tomatenpflanzen in der Schwerelosigkeit wüchsen, sei auch sehr interessant, sagte Dittus.
Gemüsezucht unter extremen Bedingungen wird auch auf der Erde getestet – zum Beispiel in der Antarktis. So will DLR-Ingenieur Paul Zabel 2017 nahe der Neumayer-Station III ein Jahr lang Gemüse in einem Container gedeihen lassen – bei künstlichem Licht und mit Nährstofflösungen. „Unser Ziel ist es, auf möglichst kleinem Volumen möglichst viel zu produzieren“, erläuterte Zabel.
Damit die Menschheit weiter in den Weltraum vordringen kann, erforscht das DLR, wie Nahrungsmittel im All produziert werden können. Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS haben bereits selbst gezogenen Weltraum-Salat gegessen. Und als die deutsche Geophysikerin Christiane Heinicke im vergangenen August ihre einjährige Simulation einer Mars-Mission auf Hawaii beendete, hatte sie einen großen Herzenswunsch: frische Tomaten essen. [dpa/buhl]
Bildquelle:
- Technik_Raumfahrt_Artikelbild: © jim - Fotolia.com