Der deutsche Musikmarkt kann endlich wieder wachsen. Verantwortlich für diese Kehrtwende ist neben dem Online-Geschäft mit Download- und Streaming-Angeboten aber auch die oftmals totgesagte CD.
Der deutsche Musikmarkt ist nach Jahren der Rückgänge wieder auf Wachstumskurs. Im ersten Halbjahr legten die Erlöse um 1,5 Prozent auf 660 Millionen Euro zu, wie der Branchenverband BVMI am Montag mitteilte. Das Plus wurde vor allem von Zuwächsen bei Song-Downloads und Musik-Streaming aus dem Netz getragen: Dieses digitale Geschäft legte um 16 Prozent zu und macht jetzt rund ein Viertel vom Gesamtumsatz aus.
Entscheidend für die guten Zahlen war aber auch ein deutlich abgebremster Rückgang der CD-Erlöse. Das Geschäft mit den Silberscheiben schrumpfte um 2,7 Prozent, während es allein im vergangenen Jahr um über sieben Prozent abgesackt war.
Die zuletzt oft totgesagte CD sorgt in Deutschland nach wie vor für über zwei Drittel der Erlöse. Das ist mehr als im internationalen Durchschnitt. „Zum einen sind die deutschen Verbraucher traditionell etwas zurückhaltender, wenn es um Online-Einkäufe geht“, erklärte BVMI-Geschäftsführer Florian Drücke im Interview. Zum andere spiele die Verfügbarkeit der CD eine Rolle: „Im Gegensatz zu den USA gibt es beispielsweise noch große Verkaufsflächen im Einzelhandel.“
Drücke wies Spekulationen zurück, die Musikindustrie strebe einen möglichst schnellen Übergang von der CD zu Downloads und Streaming an: „Dass wäre der größte Irrsinn überhaupt, wenn wir das wollten.“ Die Branche stelle sich auf einen sanften Wandel ein. „Im Moment sieht es so aus als könnte die CD über die nächsten Jahre langsam aus dem Markt gehen.“ Zugleich könnten aber verschiedene Faktoren die Entwicklung beschleunigen, etwa mögliche Verschiebungen im stationären Handel.
Beim Online-Geschäft machen die Downloads nach wie vor den Löwenanteil aus. Nach einem Zuwachs von 5,3 Prozent stellen sie rund ein Fünftel der Gesamterlöse. Das Streaming, bei dem Musik direkt aus dem Netz abgespielt wird, wächst aber explosiv: Der Marktanteil verdoppelte sich auf 4,6 Prozent. Das Geschäftsmodell mit Abo-Gebühren um die zehn Euro für den Zugriff auf Millionen von Songs ist jedoch umstritten. Anbieter wie Pandora und Spotify, die öffentlich Zahlen vorlegen, schreiben meist Verluste. Zugleich beschweren sich viele Musiker, dass für sie aus dem Geschäft deutlich weniger Geld abfällt.
„Wir sind in einem Umgewöhnungsprozess, auch auf Seiten der Industrie“, räumte Drücke dazu ein. Es gehe vielleicht um geringere Beträge – die aber auf einen längeren Zeitraum bei der Nutzung flößen. Außerdem sei das Potenzial des Streaming-Angebots noch nicht ausgeschöpft. „Wir wollen das Produkt Musik über alle möglichen Kanäle verfügbar machen, von Vinyl-Schallplatten bis zur Cloud“, betonte er.
Zuletzt machten physische Tonträger – also CD, DVD und Blu-ray mit Musik, Vinyl sowie Kassetten noch 75,5 Prozent der Gesamtumsätze aus. Das Geschäft mit klassischen Schallplatten, die die Industrie als Nischenprodukt für Klang-Enthusiasten etabliert hat, wuchs im ersten Halbjahr um über 30 Prozent und kommt jetzt auf 1,8 Prozent vom Gesamtmarkt. Dagegen scheint die Zeit der Musikkassetten endgültig vorbei zu sein: „Die Kassette verabschiedet sich gerade wirklich“, sagte Drücke. Sie spiele im Wesentlichen nur noch bei Kinder-Produkten eine Rolle. [dpa/fm]