In letzter Minute unterzeichnet der Präsident ein umstrittenes Gesetz. Zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens der Slowakei bleiben viele Fragen.
Die bisherige öffentlich-rechtliche Sendeanstalt der Slowakei ist formell aufgelöst und durch ein neues Staatsmedium ersetzt. Die Oppositionsparteien kündigten postwendend eine Beschwerde beim Verfassungsgericht gegen das Gesetz an. Sie werfen der Regierung vor, ein Propagandamedium für sich schaffen zu wollen.
Erst am Sonntag hatte Präsident Peter Pellegrini das von der Regierungsmehrheit aus zwei sozialdemokratischen und einer nationalistischen Partei im Parlament beschlossene STVR-Gesetz unterzeichnet. Knapp vor Mitternacht wurde es dann eilig in der offiziellen Gesetzessammlung veröffentlicht. Damit war in letzter Minute die Voraussetzung dafür erfüllt, dass es wie geplant am Montag in Kraft treten konnte.
Formell hörte damit der bisherige Sender RTVS zu bestehen auf und die neue Anstalt STVR nahm ihren Betrieb auf. Für das Publikum war davon nicht viel zu sehen. Alle Nachrichten liefen wie bisher mit dem RTVS-Logo im Bild, auch die RTVS-Internetseite blieb weiter an der gewohnten Adresse in Betrieb.
Kein Chef, keine Organisationsstruktur
Erst am späten Montagnachmittag gab der selbst nur provisorisch für das Staatsmedium zuständige Parlaments-Vizepräsident Peter Ziga die Ernennung eines STVR-Chefs bekannt. Der Marketingexperte Igor Slanina soll das Unternehmen bis Ende September mit eingeschränkten Vollmachten leiten, solange es keinen offiziell gewählten STVR-Chef gibt. Diesen soll ein von Regierung und Parlament noch zu bestimmender Rat wählen.
Die Kulturministerin Martina Simkovicova und der Ministerpräsident Robert Fico hatten die RTVS-Berichterstattung wiederholt als gegen sie voreingenommen kritisiert. Sie konnten den noch von einer früheren Parlamentsmehrheit bis 2027 gewählten Generaldirektor Lubos Machaj und sein Team aufgrund der bestehenden Gesetzeslage aber nicht absetzen. Mit der formellen Auflösung von RTVS fällt dieses Hindernis weg.
Der Ministerpräsident Fico war vor einigen Wochen Ziel eines Attentates und wurde schwer verletzt. Während seiner ersten Amtszeit sorgte der Mord am Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten für großes Aufsehen. Dieser hatte über wohl über Bestechung auf hoher Ebene in der Slowakei recherchiert. Das Verhältnis zwischen Regierung und Medienvertretern ist entsprechend angespannt (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).
Text: dpa/ Redaktion: JP
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