Russland hat die Geschwindigkeit des Kurznachrichtendienstes Twitter verlangsamt. Die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor begründete dies am Mittwoch in Moskau damit, dass verbotene Inhalte nicht konsequent entfernt worden seien.
Trotz zahlreicher Aufforderungen habe Twitter seit 2017 mehr als 3100 Inhalte nicht gelöscht, die etwa kinderpornografisches Material oder Suizidaufrufe an Minderjährige enthielten. Zum „Schutz der russischen Bürger“ sei nun der Zugriff auf allen mobilen Geräten und auf der Hälfte der stationären Geräte mit sofortiger Wirkung verlangsamt worden. Betroffen seien Foto- und Videoinhalte, nicht aber Textnachrichten, sagte der Vizechef der Aufsichtsbehörde, Wadim Subbotin, später im Staatsfernsehen. Zugleich drohte die Behörde dem Kurznachrichtendienst mit weiteren Einschränken bis hin zur kompletten Blockade, sollte der US-Konzern weiterhin gegen Gesetze verstoßen.
Kurz nach der Bekanntgabe waren plötzlich zahlreiche Homepages im Land, darunter viele Regierungs- und Behördenseiten, vorübergehend nicht erreichbar. Später berichteten unabhängige Medien von Tausenden betroffenen Seiten. Sie vermuteten einen direkten Zusammenhang zu den Maßnahmen gegen Twitter. Auch das Team des inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny spottete: „Im Kreml will man Twitter verlangsamen und im Ergebnis lässt man die Seiten von Kreml, Roskomnadsor und Staatsduma fallen.“ Roskomnadsor begründete die russischen Internetprobleme hingegen mit Ausfällen in Datenverarbeitungszentren in Europa.
Seit einigen Wochen ist in Russland ein Gesetz in Kraft, das Betreiber sozialer Netzwerke verpflichtet, verbotene Informationen zu suchen und diese zu löschen. Neben kinderpornografischem Material und Verleitung zum Suizid fallen darunter etwa auch Aufrufe zu nicht genehmigten Protesten.
Die russischen Behörden gingen zuletzt schon gegen soziale Netzwerke vor, weil dort Aufrufe zu Demonstrationen für den inhaftierten Kremlkritiker Alexej Nawalny verbreitet worden waren. Gegen Facebook, Twitter und Youtube wurden Geldstrafen verhängt. Menschenrechtler kritisieren Versuche, das Recht auf Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken einzuschränken. In Russland sind bereits Hunderte Internetseiten gesperrt, auch Seiten von Regierungsgegnern.
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