Spätestens seit Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Wien zu einem „beliebten“ Ort für Spionagetätigkeiten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. In der Regel bekommen wir nichts davon mit, was sich da im Verborgenen abspielt. Manches dringt aber doch an die Öffentlichkeit.
Im ersten Teil haben wir unsere Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Gebäudekomplex in Wien Donaustadt gelenkt. Hier ist die ständige Vertretung der Russischen Föderation bei den Vereinten Nationen untergebracht. Weiter befindet sich hier eine Wohnanlage für deren Bedienstete und sogar eine russische Schule. Aber in diesem, hinter hohen Mauern und mit vielen Kameras überwacht, dürfte sich noch einiges mehr befinden.
Spionageort Wien
Nach Ende des 2. Weltkriegs war Wien, ähnlich wie Berlin, eine geteilte Stadt, in der alle vier Siegermächte das Sagen hatten. Nach 1945 verfeindeten sich die westliche Welt, also der Kapitalismus, und der Kommunismus im Osten immer mehr. Und so begann man, sich in Wien gegenseitig auszuspionieren. Wien blieb auch nach dem Abzug der Besatzungsmächte für Spione interessant. Nahe am Eisernen Vorhang und in einem neutralen Land gelegen, zudem viele internationale Organisationen vor Ort, da gibt es viel, was es sich lohnt, in Erfahrung zu bringen. Selbst heute noch. Man geht davon aus, dass noch heute rund 7.000 Spione und Agenten in der österreichischen Hauptstadt aktiv sind. Wien scheint für sie ein gutes Pflaster zu sein.
Verdächtige Hütte
Verdächtig erscheint auf dem russischen Gebäude eine auf dem Flachdach aufgebaute etwa 4 x 4 m große Hütte. Die besteht nur aus einem Holzrahmen, einigen Verstrebungen und einem Dach. Die Seitenwände bestehen aus hellem, etwas gewelltem, undurchsichtigen Kunststoff. Die Hütte ist mit Stahlseilen am Flachdach des Gebäudes abgespannt. An der Stelle mag man bis Oktober 2005 eine dritte größere Schüssel aufgebaut worden sein. Allerdings sind die Satellitenfotos aus jener Zeit noch nicht so detailreich, sodass sich das nicht eindeutig feststellen lässt. Erst ab dem Frühjahr 2008 lässt sich die Hütte eindeutig identifizieren. Es ist jedenfalls anzunehmen, dass sich in ihrem Inneren zumindest Antennenequipment befindet, das man nicht sehen soll. Ein Lokalaugenschein vor Ort ergab, dass sich auf dem Dach des Gebäudes auch eine zweite Hütte ähnlicher Bauart befindet. An ihr sind zudem drei rundstrahlende Antennen montiert. Sie sind für VHF, UHF und aller Wahrscheinlichkeit nach, bis etwa 1 GHz vorgesehen. Über solche Antennen kann man gewöhnlich nicht nur empfangen, sondern auch senden.
Kurzwellen-Antenne
Auf dem Dach der Vertretung der Russischen Föderation in Wien kann man neben den Sat-Schüsseln auch eine rund 20 m lange Kurzwellenantenne entdecken. Bei ihr handelt es sich um eine Rhombusantenne oder um einen Multibanddipol. Dieser ist für mehrere Kurzwellenbereiche abgestimmt und erlaubt so Funkverkehr über ein breites Frequenzspektrum. Kurzwellenantennen sind bei Botschaften und sonstigen Auslandsvertretungen allgemein üblich. Sie erlauben eine direkte Kommunikation mit dem Heimatland, ohne auf Kommunikationsmittel des Aufenthaltslands zurückgreifen zu müssen. Diese könnten ja abgehört werden.
US-Horchposten?
Eine weitere Hütte findet man im Übrigen rund vier Kilometer westwärts auf dem rund 120 m hohen IZB-Tower, der als unmittelbaren Nachbarn die UNO City hat. Laut Edvard Snowden soll sich im 1998 errichteten IZB-Hochhaus die US-amerikanische NSA in den oberen Stockwerken eingemietet haben. Ein Teil des Daches scheint zudem mit Gittern sehr gut vor unberechtigtem Zugriff gesichert zu sein. Ferner kann man auf dem Dach zwei relativ unauffällige Antennen entdecken. Sie scheinen im Wesentlichen nur aus einem Mast und mehreren übereinander angeordneten Dipolen zu bestehen. Genau diese Antennentype findet man auch auf anderen US-Gebäuden, wie Botschaften. Nachdem diese Antennen nach wie vor installiert sind, ist auch anzunehmen, dass die NSA hier weiter präsent ist. Einen weiteren, in einer schmucken Villa im Westen Wiens untergebrachten Horchposten hatte die USA unmittelbar nach den Snownden-Enthüllungen aufgegeben. Wenige Monate später wurde die Liegenschaft verkauft.
Zur Beschaffenheit der grau angemalten, rund 4 x 5 m großen Hütte lässt sich nichts sagen. Es scheint aber, dass in ihr eine Klimaanlage eingebaut ist, die für eine gleichmäßige Temperatur im Inneren sorgt. Diese kann für elektronische Geräte aller Art wichtig sein. Tatsache ist jedenfalls, dass man von der Hütte sehr gut auf die UNO-Gebäude sehen kann und selbst „unser“ russisches Gebäude hat man von hier oben gut im Blick.
Auf einen großen Schüsselwald können die Amerikaner übrigens verzichten. Denn viele Geheimdienste arbeiten zusammen. So etwa jene der westlichen Welt. Damit können die Amerikaner etwa auf die Abhörstation des österreichischen Bundesheeres auf der Königsware unweit der slowakischen Grenze zurückgreifen. Ihre Reichweite in Richtung Osten ist jedenfalls größer, als etwa die der US-Abhörstation im bayerischen Bad Aibling.
Fazit
Zur ausspionierenden Tätigkeit von Geheimdiensten zählt auch, von Funkdiensten aller Art, für sie relevante Informationen abzugreifen. In der Öffentlichkeit ist dazu nur wenig bekannt. Es scheint gerade so, als bewege sich die Welt der Geheimdienste in einem parallelen Universum. Gut, wir sollen auch nichts mitbekommen. Deshalb operieren diese Dienste gewöhnlich, ohne unsere Aufmerksamkeit zu erwecken.
Bei den Russen in Wien mag das etwas anders sein. Sie haben ihren Sat-Horchposten weithin sichtbar aufgebaut. Wozu er im Detail dient, darüber kann man nur spekulieren. Manches lässt sich ableiten, etwa wenn man Entwicklungen Vorort mit dem globalen politischen Geschehen kombiniert. Ist es etwa ein Zufall, dass der Schüsselwald bei den Russen im 22. wiener Gemeindebezirk just dann zu wachsen begann, nachdem die Krim besetzt wurde?
Hier geht es zum ersten Teil Russische und US-Spionage in Wien.
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